Immer mehr Autohersteller kündigen ein Datum an, mit dem sie die Produktion von Autos mit Verbrennungsmotor einstellen wollen. Auch einige Länder haben bereits Termine genannt, mit denen keine neuen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr zum Verkehr zugelassen werden dürfen. Rings um Österreich sprießen gerade in Städten immer mehr Umweltzonen, in die Autos älterer Abgasklassen nicht mehr einfahren dürfen.
Die Luft für den Verbrennungsmotor wird also immer dünner: Deshalb macht sich auch unter den rund 96.000 Österreichern, die mindestens einen zwei- oder vierrädrigen Oldtimer besitzen, zunehmend Verunsicherung breit. Wir haben bei Robert Krickl, Präsident des Österreichischen Motor Veteranen Verbands (ÖMVV) und des Österreichischen Motor Veteranen Clubs (ÖMVC) sowie Georg Brown, Oldtimer-Experte des ÖAMTC, nachgefragt. Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie war auf Nachfrage zu keiner Stellungnahme bereit.
Mit der zunehmenden Ökologisierung der Mobilität stellt sich vielen Oldtimerbesitzern die Frage, ob ihre historischen Kraftfahrzeuge in Zukunft von generellen Fahrverboten betroffen sein könnten. Ist das zu befürchten?
Die ökologische Belastung durch Oldtimer ist sehr gering. Nur 0,2 Prozent aller gefahrenen Kilometer in Österreich entfallen laut einer Studie des Kuratoriums Historische Mobilität (KHMÖ) auf historische Kraftfahrzeuge. Pro Jahr verwendet der durchschnittliche Oldtimerbesitzer sein Fahrzeug nur sechs bis zehn Mal, im Durchschnitt legen Oldtimer pro Saison 700 Kilometer zurück. „Fahrverbote für historische Fahrzeuge bringen somit keinen relevanten ökologischen Mehrwert“, sagt Georg Brown vom ÖAMTC. „Sie wären daher als IG-L-Maßnahmen ungeeignet, um Grenzwertüberschreitungen zu vermeiden.“
Gibt es dazu Bestrebungen seitens der Politik, Fahrverbote für Oldtimer einzuführen?
„Derzeit sind uns keine Pläne aus dem Ministerium und den Landeshauptstädten dazu bekannt, Fahrverbote für Oldtimer einzuführen“, sagt Brown.
Vor dem Gesetz gilt ein mindestens 30 Jahres altes Auto erst als historisches Kraftfahrzeug, wenn es als solches typisiert worden ist. Kann eine historische Typisierung Fahrzeuge vor solchen Eingriffen schützen?
Davon ist aktuell auszugehen. „In Österreich haben wir das rote Pickerl für historische Kraftfahrzeuge. Damit sind die auf den ersten Blick zu erkennen“, sagt Robert Krickl. Zudem sind in Österreich bereits jetzt historisch typisierte Lkw von den Fahrverboten in den IG-L Zonen ausgenommen. Beispiele für solche Ausnahmen gibt es auch aus anderen europäischen Ländern: In Deutschland dürfen Oldtimer mit H-Kennzeichen in Umweltzonen, auch von den geplanten Fahrverboten in Paris sind die nicht betroffen.
Was braucht es für eine historische Typisierung?
Für historische Kraftfahrzeuge gibt es eine international einheitliche Definition seitens des Oldtimer-Dachverbands FIVA, die auch in Österreich und in der EU herangezogen wird: Voraussetzung ist ein Mindestalter von 30 Jahren, ein historisch korrekter Zustand und keine Alltagsnutzung. Die Zulassungsbestimmungen orientieren sich an dieser Definition, sind in Österreich jedoch Ländersache. Tatsächlich sei in Österreich nur ein kleiner Teil der Oldtimer historisch typisiert, sagt Krickl – ohne das Dokument ist es vor dem Gesetz aber nur ein altes Auto. „Die historische Typisierung bei seinem Auto machen zu lassen, wird in Zukunft wichtig werden. Dann ist ein Fahrzeug als ,rollendes Kulturgut‘ eingestuft.“
Wie sieht es mit der wachsenden Anzahl an Youngtimern aus, die noch keine 30 Jahre alt sind? Sie bilden ja die nächsten Generationen von historischen Kraftfahrzeugen.
„Im Gegensatz zum Begriff der historischen Fahrzeuge ist der von so genannten Youngtimern in Österreich gesetzlich nicht definiert und es gibt keine speziellen Regelungen für diese Autos“, sagt Brown. Unter Youngtimern versteht man gemeinhin Fahrzeuge im Alter von 20 bis 30 Jahren, die noch keine Oldtimer sind. Sie werden oftmals als Liebhaberfahrzeuge genutzt und nur teilweise als Gebrauchsfahrzeuge. „Youngtimer sichern nicht nur der Fortbestand historischer Kraftfahrzeuge, sondern sind auch wichtig, um jüngere Menschen für das Hobby zu begeistert“, sagt Krickl. „Deshalb versuchen wir im ÖMVV gerade eine Definition für Fahrzeuge zu erarbeiten, die erhaltungswürdig sind und das Potenzial zum Klassiker haben. Und wir bemühen uns darum, dass diese Autos, bis sie 30 Jahre alt sind, nicht von der Straße genommen werden können.“
Auch wenn es für die Einhaltung der Grenzwertüberschreitungen bei der Luftgüte kein geeignetes Mittel ist, könnten Landeshauptleute in Abstimmung mit der Bundesverwaltung dennoch regionale Fahrverbote im Rahmen des IG-L festlegen. Angenommen, ein Oldtimer parkt in einer Stadt, die zur Umweltzone wird. Darf man dann mit dem Fahrzeug die Garage noch verlassen?
„Die Ein- und Ausfahrt sollte für historisch typisierte Fahrzeuge nach Verordnung einer solchen Umweltzone auch weiterhin möglich sein“, sagt Brown. „Dies wird in vielen europäischen Städten mit Umweltzonen heute schon so gehandhabt.“
Seit 1. Jänner 1988 werden in Österreich ausnahmslos nur noch Autos, die über einen Katalysator verfügen, neu zugelassen – die meisten Oldtimer haben also keinen. Könnte der Gesetzgeber vorschreiben, einen Kat nachzurüsten?
Diese Möglichkeit sehen die beiden Experten nicht. „Eine Nachrüstung ist für den Großteil der Fahrzeuge aus technischen Gründen gar nicht möglich“, sagt Brown. Außerdem gibt es im Rahmen der §57a-Überprüfung verbindliche Abgasgrenzwerte, die auch von historischen Fahrzeugen einzuhalten sind.
Kann es sein, dass eines Tages Oldtimer auf Elektroantrieb umgerüstet sein müssen, um noch am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen?
Historische Fahrzeuge sollen in ihrem Originalzustand die technische Entwicklung der Mobilität dokumentieren und gelten somit als „rollendes Kulturgut“. Historische Fahrzeuge, deren Original-Verbrennungsmotor durch einen Elektromotor ersetzt wurde, gelten laut Definition der FIVA nicht mehr als historisch. Ein solcher Umbau ist nicht konform mit der Charta von Turin, in der Leitsätze für Nutzung, Unterhalt, Konservierung, Restaurierung und Reparatur von historischen Fahrzeugen zusammengefasst sind, und nicht mit dem Ziel vereinbar, historische Fahrzeuge im Original zu erhalten.
Von Karin Riess