Montag, 7.39 Uhr, LKH: Stop and go durch die Elisabethstraße bis zum Glacis. Dienstag, 8.14 Uhr: UPC-Arena, Münzgrabenstraße, Schritttempo bis Dietrichsteinplatz. Mittwoch, 8.33 Uhr: Schönaugasse/Schönaugürtel: Nur fünf Autos pro Grünphase schaffen es über die Kreuzung. Stau bis Grazbachgasse. Donnerstag, 7.31 Uhr, Grabenstraße: Zäh fließt die Blechlawine. Freitag, 16.35 Uhr: Kärntner Straße. Nichts geht mehr.

Das Auto ist beheizt, die Morgenshow im Radio geht einem längst auf den Wecker. Für Klaus Rabitsch und Heinz Ederer ist das Alltag. Sie stehen im Stau. Wie Hunderttausende andere Autofahrer Tag für Tag. Stunde um Stunde. Ausweglos.

340.400 Fahrten über die Stadtgrenze zählen Verkehrsexperten täglich. Nur 15 Prozent davon mit den Öffentlichen. War die Stoßzeit vor 15 Jahren noch eine Stunde vor- und nachmittags, "sprechen wir heute von drei Stunden morgens und vier Stunden in den Abend hinein", weiß der profilierteste Verkehrsexperte der Stadt, Kurt Fallast. Seit 16 Jahren verfasst er alle relevanten Studien über die Mobilität im Ballungsraum. Heuer hat er im Auftrag des Landes mit Raumplaner Günther Tischler das erste Verkehrskonzept für Graz und Umgebung erstellt. Die Botschaft ist klar: Der massive Zuzug der nächsten Jahre in den Großraum erhöht den Druck. Steckt die Politik nicht alle Kraft in den öffentlichen Verkehr, steuert die Stadt auf den Kollaps zu. Auf 153 Seiten lassen die Experten mit sieben unbequemen Wahrheiten für Autofahrer die Alarmglocken schrillen.

Straßenkapazität

"Schon jetzt sind die Kapazitäten unserer Einfahrtsstraßen erreicht. An immer mehr Stunden des Tages", sagt Fallast. Doch die Zeit des Straßenausbaus ist vorbei. Der Südgürtel wird das wohl letzte Projekt für Autos sein: "Und dieser bringt kaum mehr Durchfluss, sondern nur eine Beruhigung der Wohnviertel in Puntigam, Murfeld und der Petrifelder Straße.

S-Bahn

Bis 2015 ist der Vollausbau geplant. Dann fahren Ost-sowie Süd- und Koralmbahn aus allen Himmelsrichtungen zu Stoßzeiten im 15-Minuten-Takt nach Graz. Tagsüber verkehren sie alle 30 Minuten. Fallast: "Bis 2021 müssen wir die Passagierzahlen und damit die Kapazitäten bei den Öffentlichen verdoppeln, um den totalen Stillstand zu verhindern." Der Haken: Die millionenschwere S-Bahn allein genügt dafür nicht.

Bus-System

"Es braucht einen massiven Ausbau bei den Regionalbussen", fordert Fallast. Ein 15-Minuten-Takt aus Kalsdorf, Hitzendorf oder Lieboch, aber auch aus allen anderen Himmelsrichtungen ist unerlässlich. Die Finanzierungsfrage ist klar: "Hier muss man die Umlandgemeinden zur Kasse bitten." Eine Selbstverständlichkeit müsse der Tram-Ausbau in Graz sein. Einpendler muss man mit der Südwest-Linie ab Straßgang oder der Nordwest-Linie ab Gösting rasch ins Zentrum bringen.

Busspuren

Hand in Hand damit müssen auf allen Einzugsstraßen Busbeschleunigungsspuren eingerichtet werden. "Die dürfen nicht im Stau stehen, will man neue Passagiere gewinnen." Im Klartext: Die Verkehrsfläche für Autos wird in Graz noch weiter beschnitten.

Bauland-Widmungen

Die Stauhauptstadt ist eine Folge historischer Versäumnisse in der Raumplanung. Günstige Umland-Baugründe sind Geschichte. Die vernichtende Botschaft für Bürgermeister: "Künftig darf nur noch entlang der Verkehrsinfrastruktur-Achsen gebaut werden. Das Land muss die Wohnbauförderung darauf ausrichten", so Fallast.

Pendler-Pauschale

"Da kann die Arbeiterkammer noch so springen, wir müssen auch das Pendlerpauschale endlich streichen", fordert der Experte: "Künftig soll es so etwas entweder nur noch für Fahrten zu Umstiegsbahnhöfen etwa im Süden bis nach in Leibnitz geben. Oder man fördert nur noch den Kauf von Zeitkarten für öffentliche Verkehrsmittel."

Grüne Welle

Alle Hoffnungen auf Ampel-Optimierungen, um das Auslaufmodell Auto auf der Straße aus dem Stau zu halten, zerschlägt Fallast: "Selbst wenn hier noch was rauszuholen ist, zieht mehr Durchfluss wieder mehr Autofahrer an." Und dann? Geht nichts mehr.