Da EU-Vizepräsidentin und Haushaltskommissarin Kristalina Georgiewa zur Weltbank wechsle, habe er Oettinger gebeten, den Posten zu übernehmen, so EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Freitag in Brüssel.

Der 63-jährige Oettinger ist seit November 2014 EU-Kommissar für digitale Wirtschaft. Zuvor hatte er von Februar 2010 bis Oktober 2014 das Energieressort betreut. Vor seinem Wechsel nach Brüssel war der CDU-Politiker von 2005 bis 2010 Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Bis heute ist Oettinger Mitglied des Bundesvorstands der CDU. Der gelernte Jurist schaltet sich auch von Brüssel aus immer wieder in aktuelle Debatten in Deutschland ein.

Georgiewa hatte sich zwischenzeitlich Chancen auf die Nachfolge von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ausgerechnet. Die 63-jährige Bulgarin stieg erst spät in das Rennen um den Posten ein, gewählt wurde der Portugiese Antonio Guterres.

Ihre Bewerbung hatte auch zu einem Streit zwischen Deutschland und Russland geführt. Russland warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, Bulgarien gedrängt zu haben, seine Kandidatin, die Generalsekretärin der UN-Kulturorganisation Unesco, Irina Bokowa, durch Georgiewa zu ersetzen. Bokowas Bewerbung wurde von Russland unterstützt. Letztlich traten beide an und unterlagen.

Übergabe Anfang 2017

Die Ökonomin Georgiewa arbeitete bereits von 1993 bis 2010 bei der Weltbank und später als EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe. 2014 übernahm sie den Posten der EU-Haushaltskommissarin. Bei der Weltbank in Washington wird nun eigens ein neuer Posten für die 63-Jährige geschaffen. "Ich bin stolz, Kristalina wieder in der Weltbank-Familie begrüßen zu dürfen", erklärte Weltbank-Präsident Jim Yong Kim.

Laut Juncker soll Georgiewa ihren Posten nach dem 31. Dezember an Oettinger übergeben. Dieser stehe nach "Erfahrung und protokollarischer Rangfolge" unter den EU-Kommissaren auf dem ersten Platz, hieß es in der Erklärung Junckers.

"Umfassende politische Erfahrung"

Als ehemaliger Ministerpräsident von Baden-Württemberg, "einem der größten Länder in Deutschland", und Vizepräsident in der vorherigen EU-Kommission verfüge er über eine "umfassende politische Erfahrung" und ein "gutes Netzwerk an Kontakten im Europaparlament, den Mitgliedstaaten und den Regionen Europas".

Wer Oettinger als Kommissar für digitale Wirtschaft beerben soll, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Der bulgarische Ministerpräsident Boiko Borissow sagte dem Fernsehsender BNT, sein Land werde "einen würdigen Kandidaten" für Brüssel präsentieren. Bulgarische Medien spekulierten, dabei könne es sich um Staatschef Rossen Plewneliew handeln, dessen Amtszeit am 20. Jänner endet.