Mercedes gegen Mercedes, Hamilton gegen Rosberg. Ein Duell, das das ganz Jahr schon bis auf des Messers Schneide ausgetragen wird. Lewis Hamilton nützte in Austin die Pole-Position, setzte sich - im Gegensatz zu 2015 - ohne Rempeleien an die Spitze und gab die bis zum Ziel nicht mehr ab. Sein Rückstand auf den Teamkollegen beträgt nur noch 26 Punkte. Aber wer hat wirklich die besten Titelchancen in den letzten drei Rennen. Die beiden Mercedes-Teamrivalen im Vergleich:

Die Stärken:

Nico Rosberg hat in dieser Saison vor allem dort noch einmal zugelegt, wo er bisher ein bisschen hinter Hamilton her hinkte. Er zeigte mehr Entschlossenheit, mehr Zweikampfhärte als früher, und auch mehr Selbstsicherheit: Eine starke Phase seines Kontrahenten im Sommer brachte ihn nicht aus dem Konzept – nach der Sommerpause kam er stark zurück und zog konsequent „sein Ding“ durch. Extrem technisch versiert und Detail versessen war er ja schon immer. Diese Akribie half ihm auch, eine kurzzeitige aufgetretene Startschwäche schnell in den Griff zu bekommen.

Funkspruch während des Rennens in Austin:

Lewis Hamilton bei völlig gleichen Voraussetzungen immer noch der ein kleines bisschen Schnellere von beiden, wahrscheinlich das größere Naturtalent, der, der sich in Zweifelsfall stärker auf seinen Instinkt verlassen kann. Und er hat sich zu einem Meister in Sachen Reifenmanagement entwickelt – etwas, was ihm auch viele Experten lange Zeit nicht zugetraut hätten.

Die Schwächen

Den reinen Speed von Hamilton wird Rosberg zumindest konstant wahrscheinlich nie hundertprozentig haben. Und wenn er die Härte seines Teamkollegen kopiert, dann klappt das nicht immer genauso gut wie beim Briten – siehe das etwas missglückte Manöver in Österreich, dass ihm am Ende auch noch eine Strafe einbrachte.

Hamiltons größtes Problem 2016 waren die Starts. Beim extrem diffizilen Umgang mit der nicht einfach zu handhabenden Mercedes-Kupplung passierten ihm zu viele Patzer. Und erst, als es schon fast zu spät war, zwischen Japan und dem US-GP, ging er das Problem mit intensiver Simulator-Arbeit in England und vielen Probestarts in Austin wirklich an. Außerdem ließ er sich durch zugegebenermaßen viel technisches Pech in diesem Jahr hin und wieder doch emotional aus dem Konzept bringen und eröffnete dann unnötige Nebenkriegsschauplätze wie seine Scharmützel mit den Medien in Japan, die ihn am Ende eher selbst vom eigentlichen Job ablenkten...

Der Background

Die Herkunft der beiden könnte unterschiedlicher kaum sein: In Monaco aufgewachsener Weltmeistersohn gegen britisches Einwandererkind mit karibischen Wurzeln, aufgewachsen im Arbeiterstädtchen Stevenage, nicht gerade einem Highlight der immer noch so klassenbewussten britischen Gesellschaft. Hamiltons Vater Anthony und die gesamte Familie musste gerade am Anfang viele Opfer bringen, um Lewis seine Rennsportkarriere zu ermöglichen. Eine Vergangenheit, aus der er selbst gern ableitet, „hungriger“ zu sein als Rosberg.

Doch der wehrt sich gegen solche Vorwürfe, mag es überhaupt nicht, als derjenige angesehen zu werden, der mit dem goldenen Löffel im Mund zur Welt kam. Sicher – sein Start war einfacher, auch die Verbindungen von Weltmeister-Vater Keke halfen natürlich. Andererseits hatte Rosberg gerade deshalb viele Schwierigkeiten zu überwinden, um in der Motorsport-Welt auch auf Grund seines Talents akzeptiert zu werden.

Das Privatleben

Hamilton braucht die Selbstdarstellung, die Dauerpräsenz in den sozialen Medien, das ständige Jetten über Kontinente, die großen Glitzerwelt auch außerhalb der Formel 1, die Gerüchte um immer neue Freundinnen, Brillantohrringe, großflächige Tatoos und schwere Goldketten. Wichtig ist ihm auch seine Musik, er spielt Gitarre, lernt ja auch Klavier und schreibt eigene Songs. Interessant, dass er jetzt im WM-Endkampf doch wieder seinen Vater Anthony, schon längere Zeit nicht mehr an den Rennstrecken gesehen, wieder bei sich haben will.

Rosberg ist dagegen auf keine Fall einer, der die große Öffentlichkeit sucht – obwohl er sich in ihr bestens präsentieren kann, in fünf Sprachen fließend parlierend. Aber die Familie mit Frau Vivian und der einjährigen Tochter Alaia ist ihm das Allerwichtigste. So verbringen die Rosbergs ihre Zeit am liebsten eher zurückgezogen, entweder in Monaco oder vor allem im Sommer oft auf Ibiza, wo ja auch Vater Keke immer noch zumindest halb zu Hause ist und Vivian eine Eisdiele besitzt... Dieser im Vergleich zu Hamilton etwas „langweilige“ Lebensstil ist es auch, der Bernie Ecclestoine jetzt wieder zu der Aussage verleitete, ein Weltmeister Rosberg wäre zwar für Nico selbst und Mercedes gut, würde aber der Formel 1 nichts bringen. Wobei er – fairerweise gesagt – auch feststellte, dass Rosberg den Titel aber schon verdient hätte...

GP der USA, Endstand: