Glyphosat wird von Umweltschützern verteufelt, von manchen Landwirten ob seiner Wirkung geschätzt und ist eine der wichtigsten Einnahmequellen des Agrarkonzerns Monsanto (Marke: Roundup). Nach vierzig Jahren könnte nun erstmals die Zulassung in der EU wackeln.

Bis Ende des Jahres darf das Pflanzenschutzmittel noch verwendet werden. Die EU-Kommission will sich mit ihrer Entscheidung über die erneute Zulassung jedoch länger Zeit lassen.

Unterschiedliche Studien

Der Grund: Es gibt zwei Studien über den Wirkstoff, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Während die Krebsagentur der Weltgesundheitsorganisation (IARC) das Mittel als „wahrscheinlich krebseregend“ einstuft, kommt das deutsche Bundesinstitut Mittel für Risikoforschung (BfR) zum Ergebnis, Glyphosat sei unbedenklich.

Das BfR hat das Mittel im Auftrag der EU untersucht. Monsanto rechnet daher mit einer erneuten Zulassung. „Seit gut 40 Jahren durchläuft der Wirkstoff sämtliche Zulassungsverfahren auf europäischer Ebene. In diesen 40 Jahren gibt es keine Erkenntnisse darüber, dass Glyphosat gefährliche Auswirkungen hat“, erklärt der Monsanto-Manager Stefan Kocher. Er versucht die unliebsame Einstufung des IARC zu entkräften, in dem er auf die strengen Richtlinien hinweist. Tatsächlich stuft die Krebsagentur auch Pommes Frittes und den Friseurberuf als „wahrscheinlich krebserregend“ ein.

EU-Gesetze

NGO wie Greenpeace verweisen auf EU-Gesetze. Diese untersagen die Zulassung krebserregender Stoffe, wenn Menschen damit in Kontakt kommen können. „Nach dem Winter wird auf den Feldern alles totgespritzt. Es ist nicht auszuschließen, dass Passanten mit dem Mittel ausgesetzt werden“, erklärt Greenpeace-Mitarbeiterin Dagmar Urban. Greenpeace fordert daher ein Verbot.

Doch das Verbot des Wirkstoffs wäre für die Landwirtschaft ein Rückschlag, erklärt Peter Klug, Pflanzenschutzexperte der Landwirtschaftskammer: „Um die Qualität des Ackerbodens zu erhalten und Erosion zu verhindern, begrünen Landwirte ihre Äcker über den Winter. Damit wird auch das gebildete Nitrat im Boden in den winterharten Pflanzen gespeichert. Vor der Aussaat im Frühjahr werden die Pflanzen dann mit Glyphosat an der Wurzel abgetötet.“

Schlechte Alternativen

Dafür reichen wenige Liter pro Hektar. Der Vorgang muss auch nicht wiederholt werden. Alternative Spritzmittel belasten den Boden und man muss einige Zeit abwarten, bis man wieder eine Kultur anbauen kann. Wird Glyphosat wirklich verboten, müssten Landwirte mechanisch das Unkraut beseitigen. Klug: „Die Landwirte hätten einen viel höheren Arbeitsaufwand und auch der Dieselverbrauch würde steigen.“ Dieselabgase gelten laut IARC auch als „wahrscheinlich krebserregend“.

Glyphosat wird nicht nur in der Landwirtschaft eingesetzt. Auch Gemeinden verwenden das Mittel, um Schotterwege oder Straßenpflaster von Unkraut zu befreien. Greenpeace-Expertin Urban: „Hier kommen dann Menschen mit dem Mittel in Kontakt, ohne es zu wissen.“ Zumindest ein Verbot im öffentlichen Raum will Greenpeace erwirken.

„Auch Autofahren verbieten“

Und das mit dem Mittel nicht zu spassen ist, wissen alle Landwirte. Sie werden im Umgang mit Pflanzenschutzmittel ausführlich geschult. In der mindestens 20-stündigen Ausbildung werden sie über Anwendung und Risikovermeidung informiert. Außerdem müssen Landwirte jede Verwendung von Glyphosat dokumentieren. „Die Regeln sind schon streng. Verbietet man den Wirkstoff aufgrund der IARC-Bewertung, müsste man auch Autofahren, Alkohol und Sonnenbaden verbieten“, sagt Klug.