In Deutschland stellt die Regierung angesichts der Flüchtlingskrise einigten sich die Koalitionsparteien aus Union und SPD in der Nacht auf Montag darauf, die Hilfe für Flüchtlingsunterbringung auf insgesamt sechs Milliarden Euro zu erhöhen. Der Kreis der "sicheren Herkunftsstaaten" wird aber um Kosovo, Albanien und Montenegro erweitert.

Das geht aus einem Maßnahmenpaket hervor, das nach mehrstündigen Beratungen der Koalitionsspitzen veröffentlicht wurde. Gefordert werden darin auch mehr europäische Solidarität und die stärkere Bekämpfung von Fluchtursachen. 2015 hat der Bund eine Milliarde Euro für Flüchtlingshilfe zur Verfügung gestellt.

Für die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen wollen Union (CDU/CSU) und SPD demnach im Haushalt 2016 zusätzlich drei Milliarden Euro einplanen. Genau diese Summe soll Ländern und Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Über die Details der Verwendung wollen sich Bund und Länder bei einem Spitzentreffen am 24. September einigen. An dem Treffen im Kanzleramt unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahmen die Partei- und Fraktionschefs von Union und SPD sowie mehrere Fachminister teil.

Verschärfte Regeln

Die Unterstützung für Asylbewerber in Erstaufnahmeeinrichtungen wollen die Koalitionspartner von Geldzahlungen auf Sachleistungen umstellen. Damit will die Koalition "Fehlanreize beseitigen". Die Liste der sogenannten sicheren Herkunftsländer soll um die Balkan-Staaten Albanien, Kosovo und Montenegro erweitert werden, wobei eine gemeinsame Liste auf EU-Ebene angestrebt wird.

Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten sollen in Deutschland grundsätzlich in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben müssen, wo mit Unterstützung des Bundes 150.000 Plätze eingerichtet werden sollen. Die Höchstverweildauer für Flüchtlinge dort soll von drei auf sechs Monate verlängert werden. Solange soll auch wieder eine Residenzpflicht gelten. Umgekehrt soll die Integration von Flüchtlingen, deren Schutzbedürftigkeit anerkannt wird, verbessert werden. Auch soll es legale Einwanderungsmöglichkeiten für Menschen aus dem westlichen Balkan geben.

Mehr Polizei, mehr Unterkünfte

Bei der Bundespolizei wollen Union und SPD zusätzlich 3000 Stellen schaffen. Ein Beschleunigungsgesetz soll etwa den Bau von Flüchtlingsunterkünften vorantreiben, auch unter Verzicht auf bisher geltende Standards. Wegen des steigenden Bedarfs an Wohnraum will die Koalition zudem sozialen Wohnungsbau verstärkt fördern.

Die Neuregelungen für Flüchtlinge sollen noch im Oktober von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Im Bundesrat ist allerdings auch die Zustimmung der Grünen erforderlich. Sie sehen die Ausweitung sowohl der Liste sicherer Herkunftsländer wie auch der Residenzpflicht kritisch. Die Grünen fordern nach einem Bericht der Zeitung "Die Welt" (Montagsausgabe) zudem bereits 2015 einen Nachtragshaushalt.

Heute 11.000 Flüchtlinge in München erwartet

Das deutsche Bundesland Bayern rechnet auch für den heutigen Montag mit der Ankunft mehrerer Tausend Flüchtlinge. Womöglich könnten "11.000 oder mehr" Menschen in München eintreffen, sagte der Regierungspräsident von Oberbayern, Christoph Hillenbrand. "Die Lage ist sehr angespannt." Konkret könne man jeweils erst mit circa vier Stunden Vorlauf eine Prognose abgeben - wenn Züge mit Flüchtlingen in Wien starten.

Flüchtlinge am Bahnhof in München
Flüchtlinge am Bahnhof in München © (c) AP (Jens Meyer)

Die Behörden waren im Verlauf des Sonntags von der Größe des Flüchtlingsstroms aus Ungarn und Österreich überrascht worden. Ursprünglich waren etwa 7000 Menschen - genau so viele wie am Samstag - erwartet worden. Als es auf den Abend zuging, kamen jedoch immer mehr Menschen an. Schließlich waren es 13.000. Übers Wochenende trafen somit rund 20.000 Flüchtlinge in München ein.

Die Behörden stellten deshalb am Abend 2500 zusätzliche Betten für Flüchtlinge auf, wie Hillenbrand sagte. "Wir kommen über die Nacht." Jedem Flüchtling könne ein Dach über dem Kopf und ein Bett geboten werden. In den Messehallen sei etwa die Zahl der Betten von zunächst 1700 erst um 600, dann um weitere 1000 aufgestockt worden. Zudem seien im leerstehenden Verwaltungsgebäude eines Autohauses 500 zusätzliche Plätze zum Übernachten eingerichtet worden. 400 Flüchtlinge könnten in einem Zug schlafen, den die Bahn dafür bereit gestellt habe. Die Behörden prüfen zudem weitere Möglichkeiten in München und Bayern, wo Menschen kurzfristig untergebracht werden könnten. "Natürlich sehen wir uns weiter um."

Hillenbrand sagte, die Verteilung der Flüchtlinge auf andere Bundesländer nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel müsse jetzt auf der Basis von 30.000 Menschen berechnet werden. Nur so könnten am Montag Sonderzüge Tausende Flüchtlinge aus Bayern wegbringen. Man müsse alles tun, "um einen Rückstau a la Budapest zu vermeiden", sagte der Regierungspräsident von Oberbayern. Im Moment sei man in München Herr der Lage, aber: "Wir schaffen nicht alles." Hillenbrand zufolge waren übers Wochenende in München insgesamt rund 10.000 Einsatzkräfte und Helfer im Einsatz.

Faymann trifft Quotengegner

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) trifft heute seine tschechischen und slowakischen Amtskollegen Bohuslav Sobotka und Robert Fico in Bratislava zu einem Gespräch über die Flüchtlingskrise. Das Treffen findet um 15 Uhr statt. Pressestatements sind nicht vorgesehen. Tschechien und die Slowakei nehmen nur wenige Flüchtlinge auf und wehren sich auch gegen EU-weite Verteilungsquoten.

Österreich drängt dagegen auf eine faire Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union. Die Slowakei hat zugesagt, freiwillig 500 Flüchtlinge aus dem überfüllten Erstaufnahmenzentrum Traiskirchen für die Dauer ihres Asylverfahrens aufzunehmen. Die Unterbringung in Gabickovo verzögert sich allerdings. Die Bevölkerung in dem südslowakischen Ort lehnt diese Pläne ab.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hat Österreich indes in einem Telefonat mit Faymann  am späten Sonntagabend "für das menschliche Verhalten in der aktuellen Flüchtlingssituation" gedankt und seine Anerkennung dafür zum Ausdruck gebracht.