Heftige Kritik am Landeskrankenhaus Innsbruck (LKI) übt der Botschafter der Ukraine in Wien, Olexander Scherba: Die äußerst dringende Behandlung eines todkranken Ukrainers sei an unüberwindbaren finanziellen Hürden aus Innsbruck gescheitert. Der Jugendliche soll nun in Indien operiert werden.

Darmtransplantation

Der dramatische Fall des 17-jährigen Maksym S. aus Lwiw (Lemberg), dessen Leben nur mit einer äußerst komplizierten Darmtransplantation gerettet werden kann, beschäftigte in den vergangenen Wochen die ukrainische Öffentlichkeit: Nach Medienberichten schalteten sich hochrangige Politiker ein und Aktivisten sammelten sechs Millionen Hrywnja (206.000 Euro) für den dringend benötigen Eingriff, der insbesondere am Landeskrankenhaus Innsbruck möglich gewesen wäre.

Nach längeren Überlegungen habe das Landeskrankenhaus Innsbruck Bedingungen für die Behandlung genannt, schrieb Botschafter Scherba am Freitag im sozialen Netzwerk Facebook: Die Überweisung von 250.000 Euro auf das Bankkonto des LKH, die Garantie einer österreichischen Bank über weitere 250.000 Euro, die Überweisung von weiteren 61.000 Euro, die andere ukrainische Patienten dem Krankenhaus schulden, sowie eine Garantie, dass der Patient nicht in Österreich bleiben werde.

Vergeblich auf Visum gewartet

Die Finanzdirektion des LKH Innsbruck, ergänzte der Diplomat, habe sogar die österreichische Botschaft in Kiew angerufen und ersucht, dem Lemberger kein Visum auszustellen, solange die Bedingungen nicht erfüllt seien. Während der Jugendliche in Lwiw um sein Leben gekämpft habe, habe seine Mutter drei Tage vergeblich in Kiew auf ein Visum gewartet, das letztlich aufgrund der finanziellen Forderungen aus Innsbruck nicht ausgestellt wurde, berichtete Scherba.

"Ich hoffe, dass dem Jungen nun in einer anderen Klinik geholfen wird, wo merkantile Überlegungen nicht die Rettung eines Menschenlebens verhindern", schrieb der Botschafter. Maksym S. wurde am Freitag in eine Klinik nach Indien überstellt.

Die österreichische Botschafterin in Kiew, Hermine Poppeller, die sich neben dem Tiroler Landtagspräsidenten Herwig van Staa persönlich für eine Behandlung des Jugendlichen in Österreich eingesetzt hatte, bedauert das Scheitern dieser Bemühungen. Ohne Übernahmeerklärung durch das Krankenhaus, so erklärte sie gegenüber der APA, hätte die Botschaft kein Visum für Maksym S. ausstellen dürfen.

Kein Versorgungsauftrag

Bei der Tirol Kliniken GmbH betonte man auf APA-Anfrage, keinen Versorgungsauftrag für Ukrainer zu haben und bestätigte die vom ukrainischen Botschafter genannten Bedingungen für die Behandlung von Maksym S., darunter auch die Rückzahlung von 61.000 Euro offener Gebühren anderer ukrainischer Patienten. Man sehe sich nicht imstande, allen Anfragen zur Kostenübernahme für zumeist sehr teure Behandlungen von ausländischen Patienten stattzugeben und könne vor Abklärung der Finanzierung keine Zusagen machen, erklärte eine Sprecherin der Tirol Kliniken.

"Die Verrechnung der Kosten erfolgt nach den Bestimmungen des österreichischen Krankenanstaltenfinanzierungssytems. Die angegebenen Summen sind kein Fantasiepreis, sondern ergeben sich aus den Kosten der Operation sowie vorab kalkulierten Unsicherheiten, die zu einer signifikanten Erhöhung der Kosten führen können", begründet sie.

In zwei vergleichbaren Fällen seien die Kosten zuletzt zwischen 180.000 und 200.000 Euro gelegen. Aus der Ukraine sei im Fall von Maksym S. signalisiert worden, so heißt es in Innsbruck, dass 200.000 Euro zur Verfügung stünden und weitere 150.000 Euro bei Bedarf von der ukrainischen Regierung zur Verfügung gestellt werden könnten.

In der Ukraine selbst sorgt die Causa Maksym S. für Ernüchterung in Bezug auf Österreich. Dieser Eindruck, so erklärt gegenüber der APA der prominente Lemberger Publizist und Historiker Wassyl Rassewytsch, habe bereits mit einer Aussage von Bundespräsident Heinz Fischer begonnen, der 2014 bei Wladimir Putins Besuch in Wien von der Notwendigkeit der Aufhebung der Sanktionen gegen Russland gesprochen habe, da niemand davon profitieren könne. "Ein Land, wo alles nach dem Gewinn berechnet wird, sollte an seine Zukunft denken, eine Gesellschaft, wo Kommerz universelle menschliche Werte besiegt, erregt Besorgnis", kritisiert Rassewytsch.