Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit ihrem Mammut-Programm zum Ankauf von Staatsanleihen die Schwelle von 100 Milliarden Euro überschritten. In den ersten neun Wochen seit dem Start am 9. März erwarben die Währungshüter öffentliche Schuldtitel für insgesamt 108,7 Milliarden Euro, wie die EZB am Montag mitteilte. Darin sind bis zum 8. Mai abgewickelte Käufe enthalten.

Pro Monat wollen die EZB und die nationalen Notenbanken der Euro-Länder Wertpapiere im Umfang von rund 60 Milliarden Euro kaufen. Dazu zählen neben Staatsanleihen auch Pfandbriefe ("Covered Bonds") und Hypothekenpapiere ("ABS"). Der Gesamtumfang des bis September 2016 laufenden Programms soll bei rund 1,14 Billionen Euro liegen.

Mit der großen Geldflut will EZB-Präsident Mario Draghi die Kreditvergabe der Banken anschieben, um die Wirtschaft in der Eurozone anzukurbeln. Zudem soll sich so die niedrige Inflation im Währungsraum wieder der EZB-Zielmarke von knapp zwei Prozent annähern. Bis dahin ist der Weg für Draghi aber noch weit: Im April stagnierten die Preise, nachdem sie im März noch um 0,1 Prozent zurückgegangen waren.

Blasenwarnung

Die EZB-Maßnahmen sind aber umstritten. Das groß angelegte Anleihen-Kaufprogramm birgt nach Einschätzung von EU-Aufsehern die Gefahr von Blasen an den Finanzmärkten. "Die Risiken einer Überbewertung sowohl an Aktien- als auch an Rentenmärkten sind erheblich als Nebenprodukt der gegenwärtigen Geldpolitik", sagte der Leiter der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), Steven Maijoor.

Investoren suchten zudem in Folge des Programms höhere Renditen bei riskanteren, weniger liquiden Produkten, meinte Maijoor am Montag auf einer Veranstaltung der Nachrichtenagentur Reuters in London. Nach seiner Einschätzung ist ungeachtet der jüngsten Kursturbulenzen am Rentenmarkt noch "reichlich Liquidität" in Europa vorhanden.

Die ultraniedrigen Leitzinsen und die seit 9. März laufenden Staatsanleihenkäufe der EZB haben die Renditen von rund 30 Prozent der öffentlichen Schuldtitel im Währungsraum in den negativen Bereich gedrückt. Vermögensverwalter werden daher zunehmend dazu gedrängt, die Rendite-Ansprüche ihrer Kunden über einträglichere Finanzinstrumente zu stillen. Für manche Wertpapiere wie etwa Hochzinsanleihen aus dem Unternehmenssektor ist der Markt allerdings sehr klein.