Vor einem Jahr wurde bei Twitter noch gejubelt. Der Börsengang war ein voller Erfolg. Der Einstiegspreis der Aktie lag bei 26 US-Dollar und bis Dezember hat sich der Wert fast verdreifacht. Obwohl das Unternehmen seit der Gründung 2006 nie Gewinn schreiben konnte, rechneten die Anleger mit einer rosigen Zukunft.

Das böse Erwachen kam einige Monate später. Im April legte Twitter das erste Mal eine Quartalsbilanz vor. Und da war die Euphorie verflogen. 132 Millionen US-Dollar (93 Millionen Euro) hatte das Unternehmen in den ersten drei Monaten 2014 verloren. Auch die Zahl der Nutzer stieg in dem Zeitraum nur um 3,8 Prozent. Der Aktienkurs ging auf Talfahrt.

Fragliches Geschäftsmodell

Als im Mai die Alteigentümer und Mitarbeiter im großen Stil ihre Anteilsscheine verkauften, wurde erstmals offen am Geschäftsmodell des Kurznachrichtendienstes gezweifelt. Wie der Mitbewerber Facebook verdient Twitter sein Geld nur mit Werbung. Doch im Gegensatz zum wirtschaftlich erfolgreichen Konkurrenten hat Twitter kaum Nutzerdaten. Zwar haben sich die Werbeeinnahmen im zweiten Quartal mehr als verdoppelt. Das konnte die Anleger allerdings nur kurz beruhigen.

Deshalb ging das Unternehmen auf die Suche nach neuen Geschäftsfeldern. Seit September läuft in den USA ein Testlauf mit einer Shoppingfunktion. Nutzer sollen die Möglichkeit bekommen, direkt aus einer Nachricht etwas zu ordern. Dazu wurde ein Unternehmen zur Zahlungsabwicklung mit Kredit- und Bankomatkarten zugekauft.

Ramschniveau

Selbst das konnte den Aktienkurs nicht stabilisieren. Im dritten Quartal schrieb Twitter ein Minus von 175 Millionen US-Dollar (138 Millionen Euro). Auch das Nutzerwachstum war nur mäßig zufriedenstellend. Die Talfahrt der Aktie setzte sich fort.

Vorläufig letzter Akt im Börsendrama rund um Twitter: Die Ratingagentur Standard & Poors senkte die Bewertung der Firma auf „BB-“. Damit liegt die Kreditwürdigkeit im „Ramschbereich“ - nur zwei Stufen über der von Griechenland. Der Aktienkurs fiel auf rund 40 US-Dollar.

ROMAN VILGUT