Die gute Nachricht zuerst: Der gefühlsmäßig von vielen als eingeschränkt erlebte Grazer Eigentumswohnungsmarkt ist in der Realität ein ganz anderer. Nikolaus Lallitsch von Raiffeisen-Immobilien hat die Fakten parat: „In Graz werden auf diversen Onlineplattformen derzeit knapp 2000 Eigentumswohnungen zum Kauf angeboten. Im konkreten Vergleich der Angebote jeweils zu Jahresbeginn 2016, 2017 und 2018 pendle die Zahl zwischen 1694, 1825 und 1937 Wohnungen - „das Angebot wurde also sogar größer“. Die Crux dabei: Das Riesenangebot an Vorsorgewohnungen, die zurzeit gebaut werden, verzerrt das Bild.

Vorsorge, Vorsorge, Vorsorge

Roland Jagersbacher von der sReal-Immobilienvermittlung sagt zu dieser Entwicklung: „Die Größe der Wohnanlagen steigt, die neuen Projekte bieten viel mehr Wohnraum als noch vor zehn Jahren, aber die einzelnen Wohneinheiten werden immer kleiner.“ Der stark auf den Anleger ausgerichtete Neubau biete kleine, gut vermietbare Wohnungen, die in Graz aber nicht dem Wohnbedarf des klassischen Käufers entsprechen. Der Markt befindet sich also durchaus im Umbruch. Dazu passt auch der Befund, dass es immer mehr die Mikrolagen sind - also die direkte Umgebung samt Infrastruktur -, die für Käufer zählen, und nicht die klassischen Bezirksgrenzen oder das „richtige Murufer“. „Mit dem enormen Zuzug, den Graz erlebt, ändert sich die Käuferschicht: Es kommen immer mehr Menschen, die nicht auf einen Stadtteil fixiert sind“, erklärt Jagersbacher.

Und die Mieter?

Auf Veränderung stehen die Zeichen auch auf dem Mietermarkt. „Die Kunden organisieren sich immer mehr über Social-Media-Portale wie Facebook am Immobilienprofi vorbei“, lautet die Analyse von Florian Kulterer von der Immobilienkanzlei Immoxx, dessen Unternehmen mit verstärkter Präsenz auf ebendiesen Plattformen reagiert, um die Bedeutung der Dienstleistung seiner Berufsgruppe auch hier zu unterstreichen. „Zusätzlich bieten wir neue Mietkonzepte an: smartes Wohnen im Neubau zum Fixtarif - ohne böse Überraschungen für Mieter“, sagt er. Aus Sicht des klassischen Bauträgers, der nur für den Endkunden baut, der einfach selber besser wohnen will, zeichnet sich hingegen folgendes Bild: „Die Käufer sind seit Jahren auf große Freiflächen, Terrassen und Balkone fixiert, das geht freilich ins Geld“, sagt Christian Traußnig von Strobl Bau und fügt hinzu: „Die bevorzugte Ausrichtung ist Südwest.“ Parkplätze seien wichtig - aber einer pro Wohnung genügt. Das Premiumsegment sei geprägt von Bauprojekten mit wenig Wohneinheiten in grünen, ruhigen Lagen mit Topausstattung. „Preislich beginnt das bei etwa 4500 Euro pro Quadratmeter und übersteigt teilweise sogar die 6000-Euro-Grenze“, sagt Kulterer.