Woher diese Sehnsucht nach einem Baumhaus im Urwald kam, kann Ina Knobloch selbst nicht genau sagen: „Ich weiß nicht, ob es Tarzan, Jane oder Mowgli war, der oder die mich mit dem Dschungelfieber infiziert hat. Ich muss jedenfalls noch sehr jung gewesen sein, als das Fieber ausbrach“, sagt sie und erinnert sich an eine Kindheit, in der sie „wie ein Affe“, wie sie sagt, an allen Turnstangen und -seilen hochgeklettert ist („weil es keine Lianen gab“) und Bäume wie eine Katze bezwang. Die Mission, die sie von Anfang als ihre begriff: „Keine geringere, als die Welt zu retten“, gibt sie zu Protokoll. Aus dieser Motivation heraus habe sie auch Biologie studiert.

Als sie 1987 für ihre Doktorarbeit erstmals in den Baumkronen Costa Ricas forschte und auf der Finca eines Aussteiger-Freundes ihres Onkels Bäume pflanzte, sei ihr auch gleich die Idee gekommen, mit dem Holz dieser Bäumchen irgendwann einmal ihr eigenes Baumhaus in diesem Land zu bauen. Knobloch erwarb in den folgenden Jahren tatsächlich einen Hektar Plantagenwald auf der Finca des Freundes und erstand ein Stückchen Land zum Bauen und Wohnen. „In Costa Rica Land zu kaufen, ist relativ einfach, das Recht ist ähnlich dem deutschen“, lässt sie wissen.

Das Abenteuer beginnt

Dass Baumhäuser aber auch in Costa Rica etwas Exotisches sind, erkannte sie, als sie sich 2014 konkret auf die Suche nach einem Architekten machte und ihre architektonischen Möglichkeiten auszuloten begann. Schnell zeigte sich das Problem mit dem Gewicht. Knobloch schwebte nämlich nicht ein Baumhaus als Abenteuerspielplatz oder nur für eine außergewöhnliche Nacht vor, sondern eines als richtiges Haus mit ordentlichem Bad und Küche. Das erforderte eine Konstruktion, die etliche Tonnen auf die Waage bringt - jedenfalls mehr, als ein Baum (er-)tragen kann. Zumal in Costa Rica auch noch mit einer Hurrikan-Saison zu rechnen ist. „Bei allen Baumhäusern, die ich für meine Recherche besucht habe, die nur an oder in Bäumen befestigt waren, habe ich unterschreiben müssen, dass sie bei Stürmen zu verlassen sind“, erzählt die Frau. Und es waren etliche Baumhäuser in aller Welt, die sie bei ihrer Recherche als Bauherrin in spe ein Jahr lang besuchte. Den Anfang nahmen diese Expeditionen übrigens in Österreich bei Erwin Thoma, an dem keiner vorbeikommt, der sich für Mondholz interessiert - also für Holz, das zum richtigen Mondzeitpunkt geerntet wird. Österreich und die Schweiz haben Knobloch bei ihrem Projekt generell stark inspiriert.

Der Plan, der nach dieser Recherche herauskam, war in Wahrheit einer für zwei Baumhäuser: „Ein kleines mit einem Pentagramm als Grundriss, und ein etwas größeres mit Küche und Bad“, erklärt Knobloch das Prinzip. Bis zum Schluss hatte sie die Hoffnung: „Vielleicht können wir das kleine Baumhaus letztlich doch in die Bäume hängen und über eine Hängebrücke mit dem Haupthaus verbinden.“ Daraus wurde zwar nichts, aber wie es einer der Baumhausspezialisten, die Knobloch bei ihrer Recherche kennenlernte, formuliert hat: „Es kommt nicht darauf an, wie ein Baumhaus gebaut ist, sondern wie man sich darin fühlt.“ Architekt Olivier von der Weid (ein gebürtiger Schweizer) brachte für seine Auftraggeberin ein kleines fünfeckiges Baumhaus zu Papier, „das wie ein Diamant im Dschungel wirkte. Als Stütze hatte er einen einzigen dicken, runden Pfeiler geplant, der das Baumhaus wie ein Blütenstiel tragen sollte.“
Als die Bauherrin das erste Mal auf ihrer Plattform zwischen den wogenden Baumkronen stand und sogar das Meer sehen konnte, sei sie so glücklich gewesen, dass sie am liebsten gleich oben geblieben wäre.

Für den Eingangsbereich dachte Knobloch zunächst an einen recycelten, mit Holz verkleideten Container, der über eine Brücke mit dem Haupthaus verbunden werden sollte und über eine zweite Brücke an das Schlafbaumhaus andockt. Dass schließlich statt eines großen zwei kleine Container geliefert wurden und mit dem Holz verbaut wurden, aus dem ursprünglich die Konstruktion eine Etage höher hätte werden sollen, war nur einer von vielen Zwischenfällen, die den Hausbau zu einem wahren Abenteuer machten.

Der Architektenplan für das Haus.
Der Architektenplan für das Haus. © (c) Picasa

Die Kosten für das neue Zuhause lassen sich schwer einschätzen: „Weil viel Eigenleistung drinnen steckt und das Holz von der eigenen Plantage stammt“, sagt Knobloch, fügt aber hinzu: „Grundsätzlich ist das Bauen in Costa Rica nicht billig. Die üblichen Preise liegen bei 1000 bis 1500 Dollar pro Quadratmeter (umgerechnet etwa 870 bis 1300 Euro), und man braucht auf jeden Fall einen Architekten, um eine Baugenehmigung zu erhalten.“ Die Mühe hat sich für sie jedenfalls gelohnt: „Ich bin froh und dankbar für dieses wundervolle, inspirative Haus zwischen den duftenden Kronen.“ Demnächst wird sie wieder zwei Monate hier verbringen - vielleicht am nächsten Buch schreiben, für den Naturschutz arbeiten, Tiere beobachten und Yoga machen. „Baumhausyoga ist sensationell“, lässt sie wissen. Wenn Knobloch in Deutschland ist, wohnt eine Freundin in dem Haus.