Bei der Begrüßung betont Franz Wojda mit Blick auf die Armbanduhr, dass er heute kein Übermaß an Zeit zur Verfügung habe. Eine Fotografin ist nämlich angekündigt, die eine Skulptur von Marko Lulic für einen Katalog anlässlich dessen aktueller Ausstellung im Linzer Lentos fotografieren soll. Diese aus blau gestrichenem Stahl gefertigte Arbeit des Kardinal-König-Kunstpreisträgers 2009, die formal die Ideologie der Heldendenkmäler im ehemaligen Jugoslawien aufgreift, ist eine der jüngsten Erwerbungen von Wojda. Abzulesen am spärlichen Graswuchs rund um den frisch betonierten Sockel.

Ein siebeneckiges, knapp drei Meter hohes, eloxiertes Metallobjekt von Gerold Tagwerker in unmittelbarer Nachbarschaft hat bereits Wurzeln im weitläufigen Garten des emeritierten Universitätsprofessors der Technischen Universität Wien geschlagen. Das strenge geometrische Raster der Skulptur wird durch die unmittelbar daneben gepflanzten jungen Obstbäume zusätzlich verdeutlicht. Tagwörker ist mit einem weiteren Objekt in Wojdas ruralem Rückzugsrefugium vertreten. Auf der mit Natursteinplatten gepflasterten Terrasse vor dem Gartenhaus, das Assoziationen zu einem traditionellen japanischen Teehaus in seiner schlichten architektonischen Prägnanz weckt, steht eine minimalistische Holzklötze-Arbeit. Die Verwitterung ließ sie ergrauen.

Auch die zwei Sitzwuste aus Aluminium von Franz West im Außenraum zeigen wetterbedingt Abnützungserscheinungen. Während die blau angepinselte die Spuren der Zeit noch gut kaschieren kann, ist bei der grünen die Farbe verblasst und stellenweise abgeblättert. Wojda tangiert das wenig: „Ich habe mit dem leider allzu früh verstorbenen Künstler zu Lebzeiten vereinbart, dass ich sie neu streichen darf, wenn das notwendig ist.“ Vorerst bleibt der Farbtopf aber geschlossen. „Wenn die Skulpturen für eine Ausstellung ausgeliehen werden, geht das in einem Zug mit“, denkt der Sammler rational.

Erworben hat Wojda die beiden Großplastiken bei einem Galeristen in Innsbruck, nachdem er eine Ausstellung von Franz West im Garten von Schloss Ambras gemeinsam mit seiner vor sechs Jahren verstorbenen Frau Sigrid, die mit ihm seine Begeisterung für die Gegenwartskunst teilte, gesehen hatte. Das war vor 17 Jahren. Man musste schon damals ein Schilling-Millionär sein, um sich diese guten Stücke in die eigene Sammlung holen zu können.

Entspannt auf dem blauen Wust sitzend, als wäre das eine billig zusammengeschweißte Gartenbank, spricht Wojda die enorme Verzinsung des eingesetzten Kapitals an: „Heute muss man wohl denselben Betrag in Euro dafür hinlegen.“ Da heißt es mit dem Rasenmäher besonders vorsichtig zu hantieren, um ja nicht das wertvolle Gut, das sich da nonchalant zwischen den Gräsern ausstreckt, zu touchieren.

Das L-förmige Einfamilienhaus, das noch die aus Kärnten berufsbedingt zugezogenen Eltern Ende der 1960er-Jahre errichtet hatten, wurde im Laufe der Zeit für die systematischen Kunstankäufe zu klein. Und das, obwohl Wojda einen Teil seiner hochkarätigen Sammlung mit minimalistisch-konzeptuellem Schwerpunkt in seiner Wohnung in Wien und in seinem Kärntner Domizil untergebracht hat.

Das bedeutete, ein zweigeschossiges Depot als Heimstätte für die sukzessive wachsende Sammlung – der erste Ankauf war eine Lithografie von Arnulf Rainer im Jahre 1971 – ans bestehende Haus anzubauen. Hier hat die Kunst einen sicheren, wohltemperierten Verwahrungsort. Auf den herausziehbaren Gittern hängen Gemälde sonder Zahl. Was immer auch zum Vorschein kommt, der zweifache Vater und vierfache Opa – „Mit meinem ältesten Enkel habe ich vor kurzem die ganze Sammlung digital katalogisiert“ – weiß zu jedem sofort den Namen des Künstlers.

Die Werke müssen hier nicht für alle Zeit im Verborgenen ihr Dasein fristen. Einerseits gibt es immer wieder Leihgaben an große Museen für Ausstellungen – wie jetzt für „Abstract Painting Now!“ in der Kunsthalle in Krems, zu der Wojda Arbeiten von Gerwald Rockenschaub und Robert Barry beisteuert. Andererseits nimmt Wojda gerne freiwillig die Mühe auf sich, sie in seinem Haus umzuhängen.

Über dem Esstisch führen ein rottrunkenes, mit einer Kammspachtel fabriziertes objekthaftes Bild von Jakob Gasteiger und eine kompositorische Arbeit von Bernard Frize ein stilles Zwiegespräch. Auf dem rustikalen dunkelbraunen Tisch stehen zwei filigrane Glasbehälter mit cognacfarbenem flüssigem Inhalt. Wojda nimmt eines der bauchigen Objekte in die Hand: „Sie sind von Martin Walde und waren ein Geburtstagsgeschenk an Sigrid, meine Frau.“ Der Titel „Der Duft der verblühenden Alpenrose“ der Glaskörper impliziert etwas Schicksalsträchtiges, wenn man weiß, dass Sigrid Wojda ein Jahr danach verstorben ist.

Zwei gerahmte Fotos von ihr stehen auf der Anrichte. Die beeindruckende Sammlung trägt zum großen Teil auch ihre Handschrift. „Nicht ohne meine Frau“, lautete das gültige Motto bei den wohlüberlegten Kaufentscheidungen. Wojda dazu: „Ich habe nie aus dem Bauch heraus spontan gekauft, sondern mindestens einmal darüber geschlafen.“
Mittlerweile sind knapp drei Stunden im intensiven Gespräch vergangen. Wojda könnte wohl noch länger über die zeitgenössische Kunst monologisieren. Er vermittelt den Eindruck eines jung gebliebenen Energiebündels, wenn er im bequemen Lederfauteuil vor dem offenen Kamin beim Sprechen mit den Händen gestikulierend sein profundes Wissen in Worte fasst. „Ach, ich hatte ganz vergessen, Ihnen etwas zum Trinken anzubieten“, entschuldigt er sich plötzlich im Gespräch und holt rasch eine Flasche Mineralwasser als Durstlöscher.

Angesichts des einzigartigen Ambientes des Hauses und der Strahlkraft der allgegenwärtigen Kunstschätze nimmt es nicht Wunder, solange ohne quälenden Durst auf dem Trockenen gesessen zu sein.