Zum fünften Mal lobte der Callwey-Verlag heuer in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Architekturmuseum den Wettbewerb „Häuser des Jahres – die besten Einfamilienhäuser“ aus. 225 Einreichungen gab es diesmal aus insgesamt sechs Ländern. Aus den 50 besten Projekten, die auch heuer wieder in einem schicken Architekturband präsentiert werden, hat eine Fachjury ein österreichisches Projekt zum Sieger gekürt. Die „behauste Scheune“, die der Architekt Bernardo Bader in der Gemeinde Doren in Vorarlberg für seinen Bruder und dessen Frau plante, passt dabei genau zum Bild vom neuen Bauen, das sich für die „Häuser des Jahres“-Jury 2015 zeigt: „Es gab weniger avantgardistische Ausreißer, aber auch weniger durchschnittliche Arbeiten. Was bei allen eingereichten Beiträgen aufgefallen ist, war die solide Qualität“, schreibt Wolfgang Bachmann in seinem Vorwort zum Buch.

Wohnbereich mit Ofenbank: Der Beton im Innenraum sorgt für Speichermasse
Wohnbereich mit Ofenbank: Der Beton im Innenraum sorgt für Speichermasse © ADOLF BEREUTER

Solide Qualität bedeutet auch einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem eigenen Erbe und den vorhandenen Ressourcen. Die Geschwister Bader etwa fühlten sich auf dem geerbten Grundstück mit dem alten Bauernhaus, das sich schon seit Generationen im Familienbesitz befand, zu einem Bauen verpflichtet, das sich „eine Angemessenheit und nicht die Maximierung des Möglichen“ zum Ziel setzt, wie es der Architekt formuliert. Für eine Sanierung des alten Bauernhauses war es nach eingehender Prüfung zwar zu spät, als Neubau kam aber nur ein „seelenverwandter Baukörper“ infrage, um wieder einen Gedanken des Architekten aufzugreifen. Ein mit dem Geist des alten Hauses und dem Ort verwachsener Bau war somit das erklärte Ziel. Anja Österle und Ingo Bader sagen dazu aus Bauherrensicht: „An diesem besonderen Bauplatz ging es uns um einen selbstbewussten, aber auch kritischen Regionalismus – weg vom selbstgerechten Luxusbungalow oder der Standardlösung der weißen oder hölzernen Kiste hin zu einer sinnlichen und sinnfälligen Behausung voller Qualität, die trotz allem eines nicht sein sollte: teuer.“

Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Erdgeschoss © BADER ARCHITEKTEN

Konkret plante Bernardo Bader für das Paar einen länglichen Baukörper mit Satteldach, der auf den ersten Blick wie eine Scheune in der Landschaft steht. Wohnräume, Garage, Dachböden und Terrassen verschwinden unter einer homogenen Bretterhaut aus Weißtanne. Nicht mehr als eine großformatige Fensteröffnung gibt es pro Himmelsrichtung. Sichtbetonwände und -decke sorgen im Inneren für genügend Speichermasse, ein Holzkaminofen gehört zum Energiekonzept.

Im Schnitt
Im Schnitt © BADER ARCHITEKTEN

„Recycle, reuse und reshape“ formuliert der Bauherr sein Herzensanliegen, für das er über zwei Jahre auch tatkräftig auf der Baustelle mitgearbeitet hat: Sowohl Fassade als auch alle Innenausbauten wurden in Eigenleistung erbracht, das kostete zwar Zeit, sparte aber auch viel Geld.

Lageplan
Lageplan © BADER ARCHITEKTEN

Das Holz für den Bau stammt aus dem familieneigenen Wald, es wurde im richtigen Mondzeichen geschlägert, gesägt und verbaut. Was vom alten Haus noch brauchbar war, wurde wiederverwertet: Aus den alten Holzbalken und Dielen des abgetragenen Bauernhauses wurde der Fußboden für das neue Heim gemacht. Die Bretter wurden ohne Estrichkonstruktion und Klebstoff auf die Lehmziegelsteine gelegt, in denen die Fußbodenheizungsrohre versteckt sind. „Der Lehm für die Ziegel stammt aus der Baugrube meines Bruders, der vor zwei Jahren für sein eigenes Haus Formsteine aus Tonerde pressen ließ“, sagt Ingo Bader.