Historische Gebäude wie die Semmelweisklinik, vor allem aber nachhaltige Bauprojekte wie "Loft Living" in Wien-Favoriten oder das aus Holz und Lehm gebaute "Haus ohne Beton" in Breitenfurt stellen sich am Wochenende (10. und 11. September) bei Open House Wien vor. Zum neunten Mal öffnet das Festival Türen von nicht öffentlich zugänglicher Architektur in Wien und Umgebung. Freiwillige, aber auch Experten führen dann durch die 50 Gebäude, berichtete Leiterin Barbara Libert.

Haus ohne Beton
Haus ohne Beton © (c) Romana Fürnkranz

Es handle sich um ein Festival "von vielen, für viele", so Libert bei einer Pressekonferenz im teilnehmenden "Loft Living" im Sonnwendviertel in Wien-Favoriten. Im Durchschnitt besuchten bei den vorherigen Ausgaben rund 35.000 Menschen die ausgewählten Häuser bei freiem Eintritt und ohne Voranmeldung. Ob der derzeitigen Klima- und Energiekrise zeigt man sich heuer nachhaltig: Zeitgenössische Architektur, die mit Lösungsangeboten aufwarten kann, steht im Zentrum.
Hat der Traum vom Einfamilienhaus ein Ablaufdatum?

Das will etwa "Loft Living" bieten. Das von einer Baugruppe - einem Zusammenschluss von ca. 25 meist kreativ tätigen Menschen - umgesetzte Projekt in der Fritz-Hahn-Gasse soll sowohl Arbeits- als auch Wohnraum sein. Die Gruppe bildete sich vor dem Bau und gestaltete jede Wohnung individuell. Ein Café im Erdgeschoss als sozialen Anker, drei Ateliers und 13 Wohnungen fasst der von der Stadt Wien geförderte Bau, wie Architekt Michael Wallraff im Zuge einer Presseführung erklärte.

"Sehr gute Energiekennzahlen"

Auf nicht nur eine Art und Weise sei dieses nachhaltig: So können Innenräume durch die Skelettbauweise umgebaut werden, die Außenwände bestehen aus Ziegeln, wodurch keine Dämmmaterialien aus Erdöl verwendet werden müssten, das Haus besitzt eine Fotovoltaikanlage, man habe "sehr gute Energiekennzahlen", so Wallraff. Der Estrich-Boden im per Fernwärme und Fußbodenheizung gewärmten Gebäude ist nicht von Holz bedeckt, wie man sich während des Rundgangs in der modern eingerichteten Wohnung eines einladenden Mieters versichern konnte. Denn Open House bietet auch Gelegenheit zu persönlichen Begegnungen mit Bewohnern, Nutzern und Architekten, stellte Libert klar.

Am Dachgarten, den alle Bewohner nutzen können, wird in Töpfen Gemüse angebaut, und auch ein kleines Gewächshaus hat hier Platz gefunden. Die Nachbarschaft habe allerdings ein anderes Detail ins Auge gefasst: Hier sei man als "das Haus mit den Holzfenstern" bekannt. Andersartig ist auch die Höhe des Gebäudes. Um Wohnungen gen Süden ausrichten zu können, ist ein Teil des Hauses niedriger. Auf einen Bauträger verzichtete man aus Kostengründen - bei solchen individuellen Vorstellungen wäre dieser aber ohnehin im Weg gestanden, vermutete Wallraff.

Innovative "Thementrails"

Das Klimathema von Open House schlägt sich auch in drei "Thementrails" nieder, die unterschiedliche Gebäuden verbinden: Im Trail "Zukunftsfähiges Bauen: Klima, Energie, Sanierung", werden Gebäude gezeigt, die die Stadt zukunftsfit machen - so etwa die in den 1970er-Jahren errichtete Wohnhausanlage Hauffgasse in Wien-Simmering, die bei einer thermischen Sanierung "innovative Energiesysteme und ein E-Mobilitätsangebot" erhielt, wie es auf der Festival-Website heißt. Mit dem IBA-Wien-Trail, der den Namen einer internationalen Bauausstellung in Wien trägt, will man laut Libert aufzeigen, wie der soziale Wohnbau von morgen aussehen kann. Dazu gehört etwa das Mehrgenerationenhaus "Leuchtturm Seestadt", das wie "Loft Living" von einer Baugruppe geplant wurde - um solche geht es denn auch im dritten Trail.