Wir schlittern von Krise zu Krise. Welche Auswirkungen haben sie auf den Immobilienmarkt?
GERALD GOLLENZ:
Wir sind ein Markt, der diese Auswirkungen nicht so sehr spürt. Im Gegenteil, die letzten Krisen – Finanz- oder auch Coronakrise –, haben sogar gezeigt, dass die Leute mehr in Immobilien investieren, weil sie Sicherheit wollen.

Die Inflation ist hoch, die Zinsen sind niedrig. Legen nun noch mehr ihr Geld in Immobilien an, die dann vielleicht selten bewohnt werden? Stichwort Leerstandsabgabe.
Das ist eine Mär, die ich so nicht stehen lassen kann. Es stimmt, dass Leute Wohnungen kaufen, um einen Vermögenserhalt zu haben. Sie haben vielleicht kein Interesse, eine Rendite zu bekommen, weil sie nur Sicherheit und sich nicht mit der Vermietung beschäftigen wollen. Das ist aber die Minderheit. Die Diskussion um die Leerstandsabgabe nur auf diese paar Fälle zu reduzieren, ist sehr einfach von der Politik und zielt nicht auf das ab, auf was es abziehen soll. Das Gros, egal ob private oder institutionelle Investoren, will mit ihrer Wohnung entweder Geld verdienen oder, wenn sie sie fremdfinanzieren, einen Teil ihrer Rückzahlung verdienen. Deshalb wird der Großteil vermietet.

Gerald Gollenz, stellvertretender Fachverbandsobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder Österreich
Gerald Gollenz, stellvertretender Fachverbandsobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder Österreich © (c) KANIZAJ | 2019

Welche Objekte stehen hoch im Kurs?
Der Trend geht eindeutig in Richtung Landleben, weil man schnell im Grünen ist. Auch die Nachfrage nach Wohnungen mit Gartenanteil ist wahnsinnig groß. Mittlerweile sollte aber auch ein kleines Zimmer mehr dabei sein für Homeoffice oder Homeschooling. Und das braucht natürlich eine perfekte Infrastruktur, was die EDV wie WLAN betrifft.

Online-Vorlesungen, wenige Studentenjobs: Hat sich die Situation in den Unistädten normalisiert?
Was man hört, ja. Aber man spürt die Coronakrise schon noch, weil Studentinnen und Studenten durch Online-Vorlesungen viel von zu Hause erledigen und bei ihren Eltern wohnen bleiben, um Geld zu sparen.

Ab 2023 muss derjenige, der den Makler beauftragt, diesen auch bezahlen. Wie schätzen Sie die Folgen des sogenannten "Besteller-Prinzips" ein?
Makler werden darunter leiden. Das Hauptproblem ist aber, dass der Konsument einen neutralen Berater weniger hat. Wenn der Makler, der bisher als Doppelmakler gearbeitet hat, nur vom Vermieter beauftragt ist, dann hat er auch die Interessen des Vermieters zu vertreten. Dann muss jeder Mieter wiederum einen Anwalt beauftragen, um den Mietvertrag durchzuschauen. Der Anwalt wird gleich viel dafür verlangen wie die Ein-Monatsmiete, die man beim Dreijahresvertrag für einen Makler zahlt. Beim Makler bekommt man dafür aber das Rundum-Wohlfühlpaket.