EOOS heimst seit Jahren einen Designpreis nach dem anderen ein. Die Liste Ihrer Auftraggeber reicht von Alessi, Adidas, Bene, Bulthaup, Giorgio Armani und Moroso bis Zumtobel. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

MARTIN BERGMANN: Für uns ist Design eine poetische Disziplin. Wir haben uns eine bestimmte Herangehens- und Arbeitsweise zurechtgelegt: die "poetische Analyse". Dabei erforschen wir Geschichten, Mythen und Bilder, die fest im kollektiven Unterbewusstsein der Menschen verankert sind. Daraus versuchen wir, Möbel und Produkte zu entwickeln.

Ein eher künstlerischer Zugang.

BERGMANN: Die Herangehensweise ist ähnlich wie bei einer Kunstproduktion. Design ist für uns aber nicht Kunst, sondern eine eigene Disziplin. Die Ideen kommen auch aus einer intensiven Kundenbeziehung über viele Jahre heraus.

Worin besteht für einen Designer heutzutage die Herausforderung, gängige Möbel wie einen Stuhl zu entwickeln? Wir sitzen jetzt seit Jahrtausenden, haben wir nicht schön langsam alle Varianten durch?

BERGMANN: Ja, aber nehmen wir zum Beispiel den Filo-Stuhl, den wir für Bene entwickelt haben. Der hat eine ganz besondere Geschichte. Die Idee war, wenn man konferiert, sollte man sich konzentrieren können. Wir haben dann nach einen Konzentrationsritual gesucht - und es beim japanischen Bogenschießen gefunden. Die Mikrobewegung, die der Kyudo-Schütze macht, um sich zu konzentrieren (Bogen bewegen und spannen, Augen zu) hat uns so fasziniert, dass wir einen Teil des Bogens in die Armlehne des Stuhles eingebaut haben. Die Elastizität dieser Armlehne ist die Funktion des Stuhles - die Mikrobewegung fördert Konzentration. Es gibt keine Funktionsbox unter dem Stuhl, es gibt nur Struktur, nur Knochen.

Zu Ihrer Bulthaup-Küche soll es auch eine spannende Geschichte geben. Gibt's eine Kurzfassung?

BERGMANN: Zuerst einmal haben wir überlegt, was Küche überhaupt ist. In der Österreichischen Nationalbibliothek sind wir dann auf das Kochbuch von Scappi, eines berühmten Kochs aus dem 16. Jahrhundert, gestoßen. Für ihn war Küche eine reine Werkstatt. Dahinter steht das Ordnungsprinzip eines Handwerkers. Ein Handwerker macht seinen Werkzeugschrank auf und sieht alles, was er hat, in Qualität und Quantität, immer. Das war die Basis unserer b2 Werkstattküche. Küche ist ja nicht Korpus, das Werkzeug ist die Küche. Es gibt aber keine einzige Untersuchung dazu, wo die Menschen in der Küche was aufbewahren. Wir haben folglich den Inhalt der Küche unseres Partners Harald Gründl (er ist ein leidenschaftlicher Koch) am Boden aufgelegt und geordnet.
Dann haben wir die Küche wieder aufgestellt und von der Horizontalen in die Vertikale gebracht und so die neue Sichtweise mitgenommen. So haben wir einen Werkschrank und einen Maschinenschrank entwickelt, die außen als klassische Schränke wie aus der Manufaktur gedacht sind. Dazu gibt es eine Werkbank. Bei dieser werden Module wie Wasserstelle, Kochfläche und Arbeitsfläche individuell zusammengestellt, sie liegen ähnlich wie bei der Hobelbank zwischen zwei Backen eingespannt.

Was macht Ihrer Meinung nach einen Entwurf zum Klassiker?

BERGMANN: Es ist immer die Kraft einer Idee, die ein Produkt überleben lässt.

Haben Sie ein gutes Beispiel?

BERGMANN: Mein persönlicher Favorit ist unsere Eckbank für Walter Knoll. Die Eckbank wurde lange Zeit vernachlässigt, dabei kommt sie doch aus der Stube im mittelalpinen Raum. Das hat uns fasziniert. Wir haben das Phänomen analysiert und die Bank mit unserem Entwurf jenseits verstaubter Resopal-Optik zum Tisch zurückgebracht. Das hat eine derartige Euphorie in Japan, Amerika und Europa ausgelöst, dass wir gespürt haben: Da ist die Kraft einer Idee. Die Eckbank als altes Kulturgut.

Welchen Stellenwert hat dabei die Ökologie?

BERGMANN: Gutes Design war immer nachhaltig und langlebig, immer aus klaren Komponenten zusammengestellt. Und gutes Design kommt auch nicht so leicht auf die Halde oder in den Schredder. Für uns ist es heute ein großes Thema, so wenige Teile wie möglich zu verarbeiten - und alles möglichst sortenrein, gut trennbar. Wir sind deshalb auf Müllhalden gefahren, haben uns angeschaut, was in den Müllverbrennungsanlagen passiert und wie viele Handgriffe für Recycling nötig sind. Der Gedanke, sortenreines Recycling möglich zu machen, steht bei uns im Vordergrund.