Sessel stapeln sich auf Sofas und die sich auf Tischen, dazwischen Stoffbahnen. Ein Bild wie auf dem Möbelfriedhof. Dabei lagert Polstergeist Martina Sperl die guten Stücke in ihrer Werkstatt nur zwischen, um ihnen neues Leben einzustopfen. Die 31-jährige Tapeziererin und Polsterin betreibt nämlich seit Kurzem die "Freimeisterei" in der Grazer Kosakengasse. Einen Ein-Frau-Betrieb mit dem Ziel, der Stadt mehr guten Geschmack zu verpassen. "Möbel aus den 50er- und 60er-Jahren sind wunderschön," so Sperl. "Werden die ordentlich restauriert, sind sie wie neu."

Handarbeit

Der Haken dabei: Ordentliches Sesselrecycling ist aufgrund der gefinkelten Handarbeit und höheren Qualität nicht nur ein paar Euro teurer als Jennylund von Ikea. Ordentliches Sesselrecycling ist 2011 auch überaus schwer zu finden. Sperl: "Das Handwerk des Tapezierers ist vom Aussterben bedroht." In Graz könne man die noch aktiven Altmeister an einer Hand abzählen. Nur durch eine Extraportion Eigeninitiative hat die Jungunternehmerin es geschafft, sich die Kunst der Möbelrestaurierung anzueignen. Ausgezahlt hat es sich, die Nachfrage sei riesig. Für die Tapeziermeisterin verständlich, sind die fertigen Stücke aus der Vergangenheit einzigartig und voller Erinnerungen. Das dachte sich wohl auch ein Grazer Friseurladen, für den sie einige Sitzmöglichkeiten auf schick getrimmt hat.

Wie begehrt und vielseitig die "Freimeisterei" ist, zeigt auch das aktuelle Projekt: die komplette Ausstattung eines Boots. Sperl sieht sich kurz in ihrer Werkstatt um: "Blöderweise habe ich bis jetzt keine Ahnung, wo ich die ganzen Materialien dafür noch unterbringen soll."