Seit drei Monaten schwebt das Damoklesschwert drohender Mietrückzahlungen über abertausenden Unternehmen, jetzt ist auch die "Schonfrist" vorbei. Konkret betroffen ist vor allem der Handel. Grund für die Rückforderungen sind zwei Urteile des Obersten Gerichtshofs (OGH). Der hatte im Herbst festgestellt, dass für Geschäftslokale, die aufgrund eines Lockdowns nicht betreten werden dürfen, auch keine Miete zu zahlen ist. "Mieter dürfen deshalb den Teil des Zuschusses, den sie für Mieten bekommen haben, nicht behalten," stellte die Cofag immer klar.

Das Urteil hatte im Handel wie eine Bombe eingeschlagen. Denn was gut und logisch klingt, sorgt für viele Probleme. Tausendfach hatten sich Mieter und Vermieter zu Beginn der Pandemie auf Mietreduktionen geeinigt. Die große Sorge des Handels und der Gastronomie ist jetzt, die Rückforderungen allein schlucken zu müssen. Aufgrund der Vereinbarungen könnte man bei Vermietern schlicht auf taube Ohren stoßen, so die Befürchtung. Auf das  OGH-Urteil zu pochen und Geld sehen wollen, sei praktisch unmöglich. Nicht zuletzt, weil es sich meistens um ein starkes Abhängigkeitsverhältnis vom Vermieter handle.

COFAG-Chefs SCHIMPEL/PERNER
COFAG-Chefs SCHIMPEL/PERNER © (c) PHILIPP LIPIARSKI/WWW.GOODLIFECR (PHILIPP LIPIARSKI/WWW.GOODLIFECR)

Der Handel läuft deshalb seit Monaten gegen die drohenden Mietrückzahlungen an die Cofag Sturm, 62 Unternehmen haben sogar den Verfassungsgerichtshof angerufen - aber nun wird es damit trotzdem Ernst. Bislang hatte der Cofag die im Detail ausformulierte rechtliche Grundlage gefehlt, um die Rückforderungen genau zu berechnen. Die entsprechende Verordnung hätte schon im Jänner kommen sollen, jetzt hat die Cofag sie tatsächlich in der Hand.

Betroffen sind grundsätzlich fast 150.000 Empfänger von Cofag-Hilfen, konkret beim Fixkostenzuschuss und Verlustersatz, bestätigen die Cofag-Vorstände Bernhard Perner und Marc Schimpel im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Tatsächlich „kümmern“ will sich die Cofag aber nur um rund 1500 größere Unternehmen, die während der Lockdowns mehr als 12.500 Euro Förderung im Monat erhalten haben. „Wir treten an die Unternehmen heran“, so Perner. Eine „Aktion scharf“ sei das keinesfalls betont Schimpel. Es geht immerhin um viel Steuergeld, einen dreistelligen Millionenbetrag.

Anträge über 167 Millionen Euro noch nicht ausgezahlt

Bei allen anderen setzt man auf Eigenverantwortung und aufmerksame Steuerberater. Grundsätzlich sind auch sie zur Rückzahlung verpflichtet. Die Cofag erwartet ein großes wirtschaftliches Eigeninteresse der Unternehmen, sich Mietzinsen vom Vermieter zurückzuholen, denn die Cofag-Zuschüsse hätten nur einen Teil der Mieten abgedeckt.

Bis gestern, Freitag, hat die Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes (Cofag) 3,82 Milliarden Euro an Fixkostenzuschuss und Verlustersatz an 148.518 Unternehmen ausgezahlt. Beim Verlustersatz sind aktuell noch sehr viele Anträge offen, bestätigt Perner. Die Erledigungsrate bei den Anträgen liegt hier derzeit bei vergleichsweise niedrigen 61 Prozent. 167 Millionen Euro beantragte Förderungen sind noch nicht ausgezahlt. Bei Anträgen mit hohen Fördersummen wird intensivst geprüft. Auf das Prüfsystem sind Perner und Schimpel auch stolz. Perner: "Wir hatten im Gegensatz zu anderen Ländern bis jetzt noch keine größeren systematischen Betrugsfälle."