Serie: Vor 100 Jahren wurde mit der Steweag die Geschichte
der heutigen Energie Steiermark begründet. Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft der steirischen Energiewirtschaft.

Rund vier Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1921 hat die Steweag ihr erstes eigenes Kraftwerk am Teigitschbach bei Arnstein eröffnet, die ersten Murkraftwerke folgten 1928 und 1931 in Pernegg bzw. Laufnitzdorf. Es war der Auftakt für eine wechselvolle Geschichte des späteren steirischen Landesversorgers und seiner Stromerzeugung, die in den ersten Jahrzehnten sehr stark im Spannungsfeld zwischen Wasser und Kohle stand. In den Anfängen gab es einen klaren Fokus auf Wasserkraft, doch „die Auseinandersetzung zwischen Wasser und Kohle war wirtschaftliches Kampfgebiet und der Steweag blies ein eisiger Wind entgegen“, führt dazu der Historiker Stefan Karner in seiner Festschrift „Im Strom der Zeit. 100 Jahre Energie Steiermark“ aus. So sei die GKB als Eigentümerin der benachbarten Kohle sofort auf den Plan getreten und bekämpfte die „weiße Kohle“ aus dem Teigitschbach, weil sie ihren Strom aus dem Dampfkraftwerk Bärnbach verkaufen wollte. Karner schreibt von einer „beinharten Auseinandersetzung um die Vorherrschaft in der Strombereitstellung, ,weiße’ Kohle (Wasserkraft) gegen schwarze Kohle: Steweag gegen GKB“. Nach der Ursprungspräferenz für den Wasserkraftausbau als Basis der Stromversorgung forcierte man also später auch kalorische Werke, wie Voitsberg, Pernegg, Graz oder Werndorf.

Dunkles Kapitel: Zwangsarbeit in der NS-Zeit

Im Zweiten Weltkrieg unter dem NS-Regime war die Stromerzeugung und damit die Energieversorgung „eine Waffe in der Rüstungsproduktion“. Im vorletzten Kriegsjahr 1944 hatte die Steweag etwa 85 Prozent ihres verkauften Stroms von 480,5 Gigawattstunden in eigenen Anlagen erzeugt, wovon wiederum 80 Prozent aus Wasserkraft und 20 Prozent aus Kohlekraftwerken stammten. In der NS-Zeit wurde das dunkelste Kapitel der Firmenhistorie aufgeschlagen, als es beim Bau der Kraftwerke in St. Dionysen (Bruck an der Mur) und Marburg/Maribor zum Einsatz von Zwangsarbeitern gekommen ist.

Der notwendige Neuaufbau der steirischen Elektrizitätswirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg war lange von existenziellen Sorgen der Steweag geprägt. 1948 wurde sie zur Landesgesellschaft.

Generelles Umdenken in der Gesellschaft

Der Weg zu einem Unternehmen mit vollem Fokus auf regenerative Energien, als das sich die Energie Steiermark heute versteht, war noch ein weiter. So ging am 19. November 1958 das gänzlich mit Öl befeuerte Dampfkraftwerk Pernegg in Betrieb. Schon damit bahnte sich eine Zeitenwende in der Energiepolitik an, schließlich gab es durchaus Begehrlichkeiten, statt Öl auf Kohle zu setzen, um die kriselnden steirischen Reviere zu unterstützen. Doch neben betriebswirtschaftlichen Gründen wurde aber schon damals über die Verfeuerung von Kohle unter Umweltaspekten debattiert. „Sie wiesen zu Beginn der 1960er-Jahre bereits auf ein beginnendes, generelles Umdenken in der Gesellschaft hin. Hatte man bis dahin Projekte nahezu ausschließlich nach der Wirtschaftlichkeit bewertet, so kam nun die Bewertung nach Kriterien des Umweltschutzes hinzu“, schreibt Karner. Auch wenn Öl statt Kohle – nach heutigen Maßstäben – nicht unbedingt als Akt für mehr Umweltbewusstsein gewertet werden kann, rückten Themen wie Umweltverträglichkeit von Kraftwerks- und Leitungsbauten stärker ins Bewusstsein. So bildeten sich rund um den Bau in Gralla, das Kraftwerk ging 1964 in Betrieb, Bürgerinitiativen, die von der Steweag Naturschutz-Maßnahmen einforderten. „Für die Steweag war es eine neue Erfahrung, sich noch vor den Detailplanungen mit der Bevölkerung, verschiedenen Bürgerinitiativen und Naturschutzgruppen zusammenzusetzen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten“, streicht Karner in seiner Publikation hervor. Das letzte Kohlekraftwerk Österreichs hat übrigens im April 2020 die Verbund AG in Mellach vom Netz genommen.

Beteiligung am Bau des AKW Zwentendorf

Intensiv setzte sich die Steweag ab den späten 1960er-Jahren aber auch mit der Atomkraft auseinander. Man beteiligte sich an der Errichtung der Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld GmbH und trat am 10. Februar 1970 mit einer Stammeinlage von 30 Millionen Schilling der Gesellschaft zur Errichtung des AKW Zwentendorf bei. Von der dort erzeugten Stromleistung von 600 Megawatt sollten zumindest 60 an die Steweag fließen. Ein durchaus kontroversiell diskutiertes Engagement, das nach der spektakulären Volksabstimmung am 5. November 1978 auch zum wirtschaftlichen Desaster geriet. Interessant: Bundesweit stimmten 50,5 Prozent gegen die Inbetriebnahme des bereits errichteten AKW (in der Steiermark waren übrigens 52,8 Prozent dafür). Für die Steweag blieb ein Reinverlust von 627 Millionen Schilling.

Anfänge der erneuerbaren Energie

Die zweite Hälfte der 1970er-Jahre bildete aber auch Anfänge der erneuerbaren Energie (abseits der Wasserkraft) in der Steweag, 1976 etwa mit der viel beachteten Ausstattung eines Standard-Wohnhauses mit Sonnenkollektoren. Das erste Windrad in der Steiermark wurde 1999  am Plankogel/Sommeralm errichtet - es wurde mittlerweile abgetragen, bald geht dort ein 180 Meter hohes, viermal so starkes (3,6 Megawatt) Windrad in Betrieb, das von der Energie Steiermark betrieben wird.

Der Ökostrom-Ausbau ist auch die große Herausforderung der nächsten Jahre. Um das Ziel des Bundes, Österreich bis 2030 bilanziell zu 100 Prozent mit CO2-freiem Strom zu versorgen, will allein die Energie Steiermark in den nächsten fünf Jahren Projekte um 1,2 Milliarden Euro realisieren. So sollen zusätzlich rund 100 Windanlagen (eine Verdoppelung zum Status quo) mit insgesamt 300 Megawatt Leistung gebaut und dazu eine ebenso große Fotovoltaikleistung installiert werden. Benötigte Fläche für den Sonnenstrom: rund 450 Hektar.

Diese Serie erscheint in Kooperation mit der Energie Steiermark.