"Dass wir bei Gästen aus Österreich schon immer sehr beliebt waren, ist heuer natürlich ein ganz besonderer Vorteil“, betont Johann Spreitzhofer. Der Tourismus-Spartenobmann in der steirischen Wirtschaftskammer bilanziert insbesondere den Juli „als wirklich sehr starken Monat, der in einigen Regionen ein zweistelliges Plus gebracht hat“. Dass sich das Minus, das sich in der Zeit des Lockdowns ergeben hat, im Jahresverlauf noch aufholen lässt, „ist dennoch stark zu bezweifeln“, so Spreitzhofer.
Über die gesamte erste Sommerhälfte (Mai bis Juli) gesehen ist der steiermarkweite Rückgang im Tourismus beträchtlich.

Laut aktueller Landesstatistik bedeuteten die 778.865 Gästeankünfte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Minus von 36,1 Prozent, die exakt 2.486.579 Nächtigungen entsprechen einem Minus von 30,1 Prozent. Einen „Hoffnungsschimmer“, wie es Tourismuslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl nennt, hat aber der Juli gebracht. Erstmals seit Beginn der Coronakrise konnte im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Plus bei den Nächtigungen erzielt werden (plus 2,1 Prozent auf knapp 1,6 Millionen). Diese Entwicklung zeige auch, „dass unsere Bemühungen im Werben um heimische Gäste erfolgreich waren“, sagt Eibinger-Miedl. Gleichzeitig dürfe der Anstieg nicht darüber hinwegtäuschen, „dass zahlreiche Betriebe nach wie vor mit enormen Herausforderungen konfrontiert sind und die Lage angespannt bleibt“.

Lage in Graz bleibt schwierig

Sehr deutlich macht das ein Blick auf die regionale Auswertung: Denn während in den meisten Urlaubsgebieten im Juli kräftige Zuwächse verbucht wurden, in der Süd- und Weststeiermark kletterten die Nächtigungen beispielsweise um 22 Prozent auf 24.930, ist die Lage in Graz weiterhin verheerend. Zwischen Mai und Juli brach die Gästezahl in der Landeshauptstadt um 60,4 Prozent auf 106.251 ein. Auch im Juli lag das Minus noch bei mehr als 32 Prozent. Das hat auch damit zu tun, dass die internationalen Gäste fehlen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist deren Zahl um fast 60 Prozent auf 191.472 gefallen. Das spürt Graz ganz besonders.

"Österreichische Gäste sind heuer die Retter der Saison"

Umso wichtiger waren für das Bundesland die heimischen Urlauber, „österreichische Gäste sind heuer die Retter der Saison. Im Juli hat es bei den Inlandsgästen plus 23,2 Prozent bei den Ankünften und plus 22,9 Prozent bei den Nächtigungen gegeben“, betont Erich Neuhold, Geschäftsführer von Steiermark Tourismus. Die derzeitigen Corona-Regelungen im Tourismus hätten sich jedenfalls „sehr bewährt“, sagt Branchensprecher Spreitzhofer. „Die Sicherheit steht an oberster Stelle, die Gäste sind auch sehr diszipliniert.“ Die Trends der ersten Sommerhälfte? „Familienurlaube haben stark zugenommen, auch die Aufenthaltsdauer ist gestiegen. Sehr gefragt sind, auch durch den E-Bike-Boom, Fahrrad- und Mountainbike-Touren“, so Spreitzhofer. Stärkeren Aufklärungsbedarf sieht er indes auf den Almen, manchen Gästen sei nicht bewusst, wie man sich dort verhält und dass Kühe mit ihren Kälbern keine Streicheltiere seien. „Hier sind wir alle gefordert, um noch stärker zu sensibilisieren“, so Spreitzhofers Appell. Denn klar sei, dass die steirischen Almengebiete Alleinstellungsmerkmale im Tourismus seien, „aber das ist immer ein Geben und Nehmen zwischen Tourismusbetrieben und Landwirtschaft.“

Wie geht’s nun weiter? Der August laufe ebenfalls sehr gut. Für den Herbst könne er noch keine genauen Prognosen abgeben, „das hängt natürlich vom weiteren Infektionsgeschehen und dem Wetter ab“, so Spreitzhofer. Buchungsdaten lassen auch noch keine Rückschlüsse zu, „es wird immer kurzfristiger gebucht, vor Kurzem dachten wir auch noch, dass es Mitte August ruhiger wird, jetzt zeigt sich, dass das überhaupt nicht der Fall ist“. Die Bedeutung der Herbstmonate ist für den heimischen Tourismus jedenfalls immens. „Mit den Herbstferien, für die viele Anbieter ihre Angebote und Öffnungszeiten bis Anfang November erweitert haben, halten wir uns schon jetzt die Daumen, dass sie gut verläuft“, so Neuhold.

Nur zähe Erholung auf dem Grazer Flughafen

Niedrig bleiben wird vorerst die Zahl der Touristen, die via Flugzeug anreisen. Der Grazer Flughafen musste im gesamten ersten Halbjahr ein Minus von gut 70 Prozent verdauen. Nach fast drei Monaten Komplettstillstand wurde der Linienverkehr am 22. Juni mit der AUA-Verbindung Graz–Wien wieder aufgenommen, mit Juli folgte die Lufthansa mit der Frankfurt-Anbindung. „Derzeit haben wir zwei tägliche Wien- und eine Frankfurt-Anbindung, eine zweite soll Ende September folgen, Anfang Oktober wird auch die München-Strecke wieder aufgenommen“, so Flughafendirektor Gerhard Widmann. „Es geht nur zäh und langsam nach oben. Wir führen aber laufend Gespräche mit den Fluglinien.“ Für die rund 200 Flughafenbeschäftigten wurde die Kurzarbeit verlängert.