Paukenschlag in Österreichs Logistikbranche: Die Österreichische Post übernimmt im Laufe des Jahres 2020 den Großteil des Zustellgeschäfts der deutschen DHL in Österreich. Wie berichtet, wurde bereits in den vergangenen Wochen über einen Rückzug der DHL aus Österreich spekuliert. Die jetzt kommunizierten Pläne fallen noch spektakulärer aus. Neben der weitgehenden Übernahme des Paketgeschäfts sollen weitere Kooperationsmöglichkeiten im Bereich E-Commerce geprüft werden.

Der Vertrag wurde jedenfalls gestern unterschrieben. Konkret soll die Post auch die Standorte der DHL, das sind Wundschuh, Wien und Enns in Oberösterreich, übernehmen. Spannend: Das Zentrum in Enns wird erst seit Oktober gebaut und soll im Sommer fertiggestellt werden. In diese Logistikstandorte, also Verteilzentren, hat die DHL in den vergangenen Jahren viele Millionen Euro investiert. Die Mitarbeiter von DHL sollen jedenfalls zur Post wandern.

Von Wundschuh nach Kalsdorf

Der Standort Enns, so ist zu hören, passe genau ins Konzept der Post. Es gibt aber auch so etwas wie geografische „Nachbarschaftskonflikte“. So liegt etwa der Standort in Wundschuh bei Graz sehr nahe beim neuen Post-Standort in Kalsdorf, für den übrigens am kommenden Montag der Spatenstich mit Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Post-Generaldirektor Georg Pölzl und Vorstand Peter Umundum erfolgen wird. Insgesamt investiert die Post dort unweit des Flughafens rund 50 Millionen Euro.

Geplant ist daher, dass Wundschuh so lange weiterbetrieben wird, bis der Standort in Kalsdorf endgültig fertig ist. Dann sollen die Mengen von Wundschuh nach Kalsdorf übertragen werden, die Halle in Wundschuh soll vermietet werden.

Lange Vorbereitung

Im Hintergrund ist zu hören, dass der Deal bereits seit rund einem halben Jahr vorbereitet wurde. Die DHL ist zuletzt zunehmend auf die Kostenbremse gestiegen. Letztlich war es Vorstand Ken Allen, der bei der Deutschen Post seit Kurzem für den Paketversand an private Kunden, der die Paketexpansion in Österreich angehalten hat, zuständig ist.

Zwar hat es der deutsche Riese gewissermaßen aus dem Stand geschafft, zur Nummer zwei im österreichischen Paketmarkt aufzusteigen. Doch auf der Kostenseite konnte man mit dem Platzhirsch, also der Österreichischen Post, nicht mithalten. Das liegt auch daran, dass DHL hauptsächlich Paketmengen von Deutschland nach Österreich transportiert, auf dem umgekehrten Weg halten sich die Mengen indes in sehr engen Grenzen.

Gemeinsames „Aufmunitionieren“

Für die Post ist diese Übernahme samt Kooperation aus mehreren Blickwinkeln als „Coup“ anzusehen. Zum einen gelingt nach Rückschlägen rund um die schwierige Bankpartner-Suche – zu der Pölzl gestern aber wissen ließ, dass sich „sehr viel tue“ – und die Aufregung wegen des Sammelns von Kundendaten ein inhaltliches Ausrufezeichen. Auf der anderen Seite dominiert die Post zwar aktuell das Paketgeschäft und wird durch die Übernahme einen Konkurrenten im Paketbereich los. Das könnte in Anbetracht des Umstands, dass mit Amazon einer der größten Paketkunden der Post eine eigene Paketzustellung in Österreich aufbaut, ein strategisch wichtiger Schritt sein. Es ist gewissermaßen ein gemeinsames „Aufmunitionieren“.

Eine entscheidende Antwort steht indes noch aus: Wie werden die Wettbewerbsbehörden auf diese Pläne von Post und DHL reagieren? Gemeinsam hätten die beiden Logistiker im Paketbereich laut Branchenradar einen Marktanteil von rund 75 Prozent.Der Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Theodor Thanner, hat bereits angekündigt, dass sein Haus anlässlich der geplanten Übernahme den österreichischen Paketmarkt „einer genauen Prüfung unterziehen“ werde. Grund seien die hohen Marktanteile. Den Einstieg Amazons in das Zustellgeschäft im Großraum Wien werde die BWB ebenfalls berücksichtigen.