Allein das Antragsschreiben umfasst gut 50 Seiten, samt Anhängen wie Tabellen und Verträgen ergibt sich „ein umfangreiches Konvolut“, das eine steirische Raiffeisenbank am vergangenen Freitag beim kroatischen Verfassungsgericht eingereicht hat. Es geht um eine heikle Causa, die rund zehn kleinere steirische Raiffeisenbanken seit mehr als drei Jahren beschäftigt.

Wie mehrmals berichtet, handelt es sich um Hypothekarkredite, die an kroatische Kunden vergeben wurden. Seit 2014 sind die Institute mit schwerwiegenden Vorwürfen samt gerichtlichen Auseinandersetzungen konfrontiert. Ein Hauptvorwurf: Die Raiffeisenbanken hätten diese Kredite gar nicht vergeben dürfen, weil sie in Kroatien über keine Banklizenzen verfügen. Kroatische Kunden, die ihre Darlehen nicht zurückzahlen konnten, warfen den Kreditinstituten sogar Betrug vor. Raiffeisen hat dies stets bestritten.

Klagen für Kreditnehmer sollen erleichtert werden

Im Juli wurde in Kroatien jedoch ein eigenes Gesetz beschlossen, das viele Kredite rückwirkend für nichtig erklären soll – das Gesetz ist mittlerweile in Kraft getreten. Michael Spitzer, für Raiffeisen als Chefkoordinator in Kroatien tätig, hatte im Gespräch mit der Kleinen Zeitung bereits damals eine Verfassungsbeschwerde angekündigt.Diese wurde nun von einem Institut – stellvertretend für den Sektor – eingebracht, wie Spitzer bestätigt. Einmal mehr verweist er darauf, „dass die Kreditverträge in Österreich – und eben nicht in Kroatien – abgeschlossen wurden, daher war auch keine Banklizenz in Kroatien notwendig“. Die bisher von kroatischen Kreditnehmern angestrengten Nichtigkeitsklagen seien gescheitert, so Spitzer. Das neue Gesetz soll betroffenen Kreditnehmern den Klageweg erleichtern, um Kredite für nichtig erklären zu lassen. Eine Klageerhebung soll zugleich Zwangsvollstreckungsverfahren einfrieren. „Wir befürchten, dass einige Kreditnehmer davon Gebrauch machen werden“, so Spitzer.

"Unverhältnismäßigkeit liegt vor"

Die Rechtsauffassung von Raiffeisen hinsichtlich des neuen Gesetzes ist eindeutig: „Wir sind der festen Auffassung, dass das Gesetz verfassungswidrig ist, daher wurde die Klage eingebracht.“ Als juristische Argumente werden u. a. formale Kriterien im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Verabschiedung des Gesetzes angeführt, „so wurde aus unserer Sicht ein unbegründetes Eilverfahren zur Beschlussfassung angewendet“, betont Spitzer. Zudem gebe es Kollisionen mit dem kroatischen Verbraucherkreditgesetz, denn das nun verabschiedete Gesetz richte sich nicht nur an Konsumenten, sondern auch an kleinere Unternehmen, also auch Kapitalgesellschaften, führt Spitzer aus. Generell sei in der kroatischen Verfassung ein Rückwirkungsverbot vorgesehen, „hier gibt es nur wenige, sehr enge Ausnahmen, die hier aus unserer Sicht nicht zutreffen, das gesamte Gesetz wurde rückwirkend verfasst, hier liegt eine Unverhältnismäßigkeit vor“, so Spitzer.

Beschwerdebrief an die EU-Kommission

Parallel dazu hat sich auch die Bankensparte der Wirtschaftskammer in der Causa mit einem Beschwerdebrief an die EU-Kommission gewandt, man sieht neben einer Verfassungswidrigkeit auch Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien und gegen das EU-Gemeinschaftsrecht.

Insgesamt geht es laut Spitzer um knapp 3000 Kreditverträge, die gesamten Kontenforderungen belaufen sich auf rund 220 Millionen Euro. „Dafür wurden bereits hohe Vorsorgen getroffen.“ Ob weitere Rückstellungen gebildet werden, hänge davon ab, ob und wie schnell dem eingebrachten Eilantrag stattgegeben werde und wie bis dahin die einzelnen Gerichte urteilen. „Wir sind weiterhin gesprächsbereit und wollen konstruktive Lösungen erzielen.“