Die Pandemie scheint abzuklingen, wie kraftvoll ist der Restart der Wirtschaft?
HANS PETER HASELSTEINER: Er ist über alle Erwartungen rasant und neigt in einzelnen Bereichen, wie auch der Bauwirtschaft, zur Überhitzung. Problematisch sind die großen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt. Noch immer sind Hunderttausende arbeitslos oder in Kurzarbeit, zugleich herrscht in verschiedenen Berufen extremer Arbeitskräftemangel mit geringer Aussicht auf Besserung in nächster Zeit.

Waren die Coronahilfen - in Österreich pro Kopf doppelt so hoch wie in Deutschland - wirksam oder nicht sogar überzogen?
Es gab vermutlich einige wenige Bereiche mit Überförderung. Das teure Instrument der Kurzarbeit war jedoch treffsicher viele Existenzsorgen beseitigt. Die vergleichsweise hohen Kosten sind wohl durch die Größe unseres Tourismussektors erklärbar.

Die Strabag hat das schwierige Jahr erfolgreich bestanden, sodass eine deutlich höhere Dividende für die Aktionäre fließt.
Die Dividende sollte den Aktionären auch über Coronafolgen drüberhelfen und sie berücksichtigt eine ganze Reihe von positiven Jahren, in denen wir mit Ausschüttungen sehr zurückhaltend waren.

Die Strabag baut in Deutschland am größten Teilchenbeschleuniger der Welt für Kernfusion-Versuche und in England eine Hochgeschwindigkeitsbahn von London nach Bristol. Die Pandemie drängte aber das Thema Klimawandel in den Hintergrund. Straßenbau bleibt vorrangig.
Auf den Straßen wird auch in Zukunft viel Mobilität stattfinden. Bei den Autos ist aber eine Lebenszeit-Betrachtung geboten. Da ist, auch wenn das niemand gerne hört, ein elektrobetriebenes Fahrzeug nicht sonderlich attraktiv, wenn ich grün fahre und dann mit hohen Umweltbelastungen entsorge.

Flüge von Kärnten nach Wien werden mit dem Koralmtunnel obsolet. Braucht man dann noch den Klagenfurter Flughafen?
Den Klagenfurter Flughafen erfolgreich zu führen, ist eine große Herausforderung. Die Pandemie hat das noch deutlich erschwert. Ich hoffe aber, dass der Flughafen für den Incoming-Tourismus an Bedeutung gewinnt und man Fernreisegäste nach Kärnten bringen kann. Da würde ich Berlin, Köln oder Holland und ähnliche Destinationen mit einbeziehen, für die Kärnten sehr wohl ein Flugreisziel sein sollte - und zwar im Sommer und im Winter. Da sind aber noch viele Themen zu klären. Für Kurzstrecken hat der Klagenfurter Flughafen keine Zukunft. Jedenfalls wünsche ich Herrn Orasch in dieser schweren Zeit alles Gute. Ich dachte oft an ihn und wie schwierig es auch für mich gewesen wäre, den Flughafen erfolgreich zu managen, wenn ich den Zuschlag bekommen hätte.

Den Flughafen blockiert aber auch eine schwere Disharmonie zwischen Mehrheitseigentümer Orasch und Land Kärnten und die Stadt Klagenfurt schaut nur zu.
Diese inneren Verhältnisse kenne ich nicht und würde sie auch nicht kommentieren wollen.

Sie hatten sich mit kräftigen Partnern, Gaston Glock und Heidi Horten, um den Flughafen beworben. Nach dem Verkauf an Orasch pokerte das Land mit ihm über ein Jahr über Zugeständnisse, die man Ihnen vorenthielt. Fühlten Sie sich vom Land veräppelt?
Nein. Ich hielt den Klagenfurter Flughafen immer für eine sehr schwierige Aufgabe. Ich war auch nicht sonderlich traurig, dass ich von dieser Verantwortung entbunden wurde. Ich halte Herrn Orasch für einen tüchtigen Menschen und ich würde bedauern, wenn er in Konflikt mit seinen Mitgesellschaftern wirtschaften muss. Den Flughafen zum Erfolg zu führen, würde damit noch einmal erschwert werden.

Zum Incoming in Kärnten kann auch Ihr Hotel Schloss Seefels beitragen, das sie gerade rundum erneuern. Was sind Ihre Pläne mit ihren Hotels in Wien, an der Rax, in Kroatien und am Wörthersee?
Ich bin froh, dass ich die Nachfolge von Egon Haupt, der das Seefels Jahrzehnte leitete, bei Frau Ramsbacher in gute Hände legen konnte. Es ist klar, dass für das Seefels nach so vielen Jahren ein schrittweises Facelifting erforderlich ist. Ganz wichtig ist auch die Verbesserung der Mitarbeiterunterkünfte. Auch in den anderen Hotels haben wir viel vor und ich hoffe, dass es eine kleine, aber feine Boutiquehotel-Gruppe wird.

Vor über 25 Jahren erhob das Schloss Seefels als erstes Hotel am Wörthersee den Anspruch, auch im Winter zu öffnen.
Wir wollen in allen betrieben die Beschäftigten möglichst das ganze Jahr bei uns behalten. Das ist eine weitere Herausforderung. Frau Ramsbacher wird ein Modell finden, um das möglichst zu erfüllen.

"Sechsstöckige Apartmenthäuser am Wörthersee"

Wie sehen Sie die Entwicklung der überhandnehmenden Apartments am Wörthersee?
Ich schaue vom Seefels hinüber auf das Südufer und ich wundere mich, dass jemand sechsstöckige Apartmenthäuser am See zugelassen hat. Ich weiß nicht, mit welchem Trick oder Augenzudrücken es gelang, damit es der Bauordnung entspricht.

Sehen Sie auch den Millstätter See das Limit überschritten?
Der Millstätter See ist schon bescheidener, in jede Richtung. Er ist auch mit dem unverbauten Südufer privilegiert. Das Schicksal des Wörthersees wird er nicht erleiden.

Ehe die Politik in die Sommerpause geht: Wie beurteilen Sie die Performance der Bundesregierung im Kampf gegen Corona?
Alle Regierungen mussten im Versuch-Irrtum-Verfahren handeln, dann ist aber immer mehr die Stimme der Wissenschaft in die politischen Entscheidungen eingeflossen und das hat uns vor Schlimmerem bewahrt. Die Sondereinflüsse waren so groß, dass ein normales Regieren kaum möglich war und daher kein Zeugnis auszustellen ist.

"Über Erbschaftsteuer diskutieren"

Zur Finanzierung der Coronahilfen wird eine Vermögensteuer ins Spiel gebracht, für die Sie stets befürwortend zitiert werden.
Ich sprach mich immer gegen Vermögensubstanzsteuern aus und lehne sie ab. Aber ich bin für Vermögentransfersteuern, deshalb können wir über Erbschaftsteuer diskutieren und angemessene Einheitswerte für Grundvermögen, sowie über die Streichung verschiedener begünstigter Besteuerungen.

Was sagen Sie zum politischen Síttenbild aus den Chats, die der Ibiza-U-Ausschuss hervorbrachte?
Ich habe bedauert, dass es relativ lange gedauert hat, bis man die richtigen Konsequenzen in der Verstaatlichten-Holding gezogen hat. Es sind aber Einzelfälle und nicht Systemfehler, auch wenn wir gewohnt sind, dass Parteien Posten nach Gutdünken besetzen. In diesem Fall ist es über das verträgliche Maß zu weit gegangen.

Sie unterstützen finanziell die Neos, die dann den Bundeskanzler wegen Falschaussage vor dem U-Ausschuss angezeigt haben. Wird die Politik zunehmend als Justizstreit ausgetragen?
Ich weiß nicht, wie hart die Bandagen um U-Ausschuss waren. Allgemein hat er nicht dazu beigetragen, eine Gesprächskultur unter den Parteien verbessern. Die Fronten sind verhärtet. Man versteht einander nicht mehr. Dialogverweigerung mit der Opposition und einseitiges Durchsetzen befruchten nicht die Demokratie.