Die Leute heben ab, was sie haben. Oder zumindest einen Teil davon. Sie wollten ihr Geld derzeit lieber zu Hause haben: Die von der Regierung eingeführten Kapitalkontrollen haben die Menschen in Argentinien verunsichert. In der Hauptstadt Buenos Aires standen viele Menschen vor den Filialen der Geldhäuser an, um ihre Einlagen abzuheben.

Inmitten der Wirtschaftskrise hatte Argentinien eine Einschränkung des Devisenhandels beschlossen, um die Landeswährung Peso zu stützen. Die Regierung des wirtschaftsliberalen Staatschefs Mauricio Macri veröffentlichte ein Dekret, wonach große Exporteure künftig eine Erlaubnis der Notenbank für den Kauf von Fremdwährungen und zur Überweisung von Devisen ins Ausland einholen müssen. Die Maßnahmen gelten zunächst bis zum 31. Dezember.

Die Argentinier heben derzeit ab, was sie haben. Oder zumindest einen Teil davon.
Die Argentinier heben derzeit ab, was sie haben. Oder zumindest einen Teil davon. © APA/AFP/RONALDO SCHEMIDT

Für Privatpersonen, die die US-Währung erwerben wollen, gilt künftig eine monatliche Obergrenze von 10.000 Dollar. Mit dem Schritt will die Regierung die anhaltende Wirtschaftskrise im Land bekämpfen. In dem Dekret heißt es, die Maßnahmen seien nötig, um "den Devisenhandel intensiver zu regulieren und das normale Funktionieren der Wirtschaft zu stärken".

Warten auf Geld. Die von der Regierung eingeführten Kapitalkontrollen haben die Menschen in Argentinien verunsichert.
Warten auf Geld. Die von der Regierung eingeführten Kapitalkontrollen haben die Menschen in Argentinien verunsichert. © APA/AFP/RONALDO SCHEMIDT

Argentinien befindet sich seit 2018 in der Rezession. Die Arbeitslosenrate in dem südamerikanischen Land war zuletzt gestiegen. Mit mehr als 55 Prozent hat Argentinien eine der höchsten Inflationsraten weltweit. Seit dem 11. August verlor der Peso zum Dollar annähernd ein Viertel an Wert. Zu dem Zeitpunkt hatte Macri eine Vorwahl gegen seinen linksgerichteten Herausforderer Alberto Fernandez verloren. Dieser gilt nun als Favorit für die Präsidentenwahl im Oktober. Nach der historischen Vorwahlschlappe geriet Macri in Panik - und überschüttet das Volk mit Geld. Er versprach unter anderem Steuererleichterungen und einen höheren Mindestlohn.

Die Ratingagentur Standard & Poor's sieht jedenfalls Argentinien nicht weit davon entfernt: Sie senkte ihr Rating um drei Punkte auf CCC- und damit auf die niedrigste Stufe im Schrottbereich. Die Papiere seien in Gefahr, nicht zurückgezahlt zu werden. Fitch stufte die Papiere auf "Restricted Default" ein, Moody's folgte mit seiner Herabstufung.

Landeswährung bricht weiter ein

Inzwischen liegen die Zinsen für viele im Ausland gehandelte Anleihen bei zum Teil deutlich mehr als 20 Prozent, die Kosten für die Kreditausfallversicherung liegen bei fast einem Drittel der Kreditsumme, der Peso bricht ein.

"Eines der am schlechtesten regierten Länder der Welt"

2001 hatte eine Staatspleite in Argentinien Schockwellen auch in die Depots deutscher Kleinanleger geschickt, die die relativ hoch verzinsten Papiere gekauft und von dem Risiko auf dem falschen Fuß erwischt worden waren. Den größeren Preis zahlte die Bevölkerung: Die Wirtschaftsleistung schrumpfte, die Inflation schnellte nach oben, die Arbeitslosigkeit stieg, Armut machte sich breit. 2015 schaffte es Argentinien, sich wieder am Markt zu finanzieren.

Bei der Fondsgesellschaft BlackRock steht das Land aber auf dem 57. Platz von 60, was Risiken wie die Zahlungsbereitschaft, Haushaltsspielraum, Gesundheit des Finanzsektors und Finanzierungsposition angeht. Damit wird das Risiko nur in Venezuela, dem Libanon und Ägypten höher eingeschätzt. "Das ist eines der am schlechtesten regierten, miserabel gemanagten, unvorhersehbaren und vermasselten Länder der Welt", sagte Jan Dehn, Analysechef beim Investmentmanager Ashmore Group. "Es hat eines der höchsten Pleiterisiken überhaupt. Der Grund, warum wir die Schwankungen hinnehmen ist, weil wir am Ende doch noch glauben, dass Argentinien noch zukunftsfähig ist."