Die Notenbanker dürften heute über Maßnahmen beraten, um die Wirtschaft der Eurozone anzukurbeln. Das Wachstum in der Währungsunion schwächelte 2018 deutlich - jetzt könnte die EZB auch ihre Wachstumsprognose von 1,7 Prozent im Jahr 2019 nach unten korrigieren.

Neben der geopolitischen Unsicherheit und internationalen Handelskonflikten ist auch die langsamere Entwicklung in aufstrebenden Märkten für die negativen Konjunkturprognosen verantwortlich. Viele Ökonomen bezweifeln mittlerweile die Fähigkeit der EZB, auf die Schwächephase zu reagieren. Zuletzt spekulierten sie, die Notenbank könne wie 2014 und 2016 langfristige Kredite zu geringen Konditionen an die Banken im Euroraum vergeben.

Die EZB werde "in den kommenden 12 Monaten ihre lockere Geldpolitik fortsetzen", erwartet der RBI-Chefanalyst Peter Brezinschek. Die Leitzinsen sollten unverändert bleiben, auch um die Inflationsrate in die angestrebte Zielzone von knapp unter 2 Prozent zu bringen.

"Wir gehen davon aus, dass das wirtschaftliche Umfeld der EZB Argumente liefern wird, um ihre sehr akkommodierende Geldpolitik weiter fortzusetzen", so Brezinschek.

Leitzinsen seit 2016 auf Rekordtief

Die Währungshüter halten den Leitzins bereits sei März 2016 auf einem historischen Tief von 0,0 Prozent. Das derzeitige EZB-Direktorium um Präsident Mario Draghi und Chefökonom Peter Praet dürfte in den nächsten Wochen wohl eine möglichst lang wirkende "Forward Guidance", also einen Ausblick ihrer Geldpolitik, ausgeben. Mögliche Nachfolger würden dadurch in ihrem Handlungsspielraum beschränkt werden, glaubt man bei Raiffeisen. Die EZB wählt im Juni einen neuen Präsidenten.

In den USA werden für Anfang 2020 eine deutliche konjunkturelle Abkühlung und damit verbunden Zinssenkungsspekulationen erwartet. Auch vor diesem Umstand wird es für die EZB sehr schwierig sein, eine Erhöhung des Leitzins für die Eurozone vorzubereiten, meinte Brezinschek.

Sowohl die Zinserwartungen als auch die Inflationserwartungen sind in der Eurozone zurückgegangen. So liegt die Inflationsrate derzeit bei 1,4 Prozent. Die Erwartungen für 2020 dürften leicht unter der EZB-Zielzone liegen. Das dürfte der Europäischen Zentralbank Grund geben, ihre Niedrigzinspolitik fortzuführen.

Neue Geldspritzen im Gespräch

"Den gedämpften Konjunkturausblick könnten die EZB-Oberen als Begründung für eine neue Liquiditätsspritze heranziehen", äußert DZ-Bank-Zinsexperte Christian Reicherter. Viele Ökonomen erwarten, dass EZB-Chef Mario Draghi auf der Pressekonferenz nach dem Zinstreffen zumindest Hinweise darauf gibt, dass neue Langfristdarlehen für Geschäftsbanken kommen könnten. In der Fachwelt werden solche Geldspritzen TLTROs genannt.

EZB-Chefvolkswirt Peter Praet stellte unlängst in Aussicht, der Notenbankrat werde sich sehr bald mit der Frage einer TLTRO-Neuauflage beschäftigen. Das heiße aber nicht unbedingt, dass auch gleich Entscheidungen getroffen würden. Praet befürchtet, Institute könnten ihre Kreditvergabe wegen der Konjunktureintrübung drosseln - was die Wirtschaft zusätzlich bremsen würde. Zum Jahresstart hatte das Wachstum der Darlehensvergabe bereits merklich nachgelassen. Die Euro-Notenbank hatte zuletzt im März 2016 vier TLTROs mit Laufzeit von vier Jahren beschlossen.

Details noch offen

Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert geht davon aus, dass die EZB zwar auf der Pressekonferenz neue Geldspritzen in Aussicht stellen wird. "Aber wegen der Unsicherheit über die Konjunktur im weiteren Jahresverlauf könnte sie über die Details der Tender erst später entscheiden", ergänzt er. Viele Experten gehen davon aus, dass die Euro-Wächter erst im April oder Juni über Laufzeit, Volumen oder Zinskonditionen der Kredite entscheiden werden.