Seit Jahrhunderten züchten Menschen Pflanzen und Tiere mit nützlichen Eigenschaften. Dass sich Firmen konventionelle Züchtungen per Patent schützen lassen können, sorgte jahrelang für Proteste. Seit 2017 gilt eine neue Regelung - und die bringt den Patent-Gegnern jetzt Erfolge.

Ein besonders langhalsiger und deshalb leichter zu erntender Brokkoli erhält keinen Patentschutz mehr. Das Europäische Patentamt (EPA) in München widerrief das Patent EP1597965 auf den speziell gezüchteten Brokkoli, wie Patentgegner und das EPA am Mittwoch mitteilten. Die Entscheidung fiel am 30. Oktober, wurde aber erst jetzt bekannt.

Das Patent war dem US-Konzern Monsanto 2013 erteilt worden, der von Bayer gekauft wurde. Ein Konkurrenzunternehmen sowie Patentgegner hatten Einspruch eingelegt. "Das ist ein wichtiger Erfolg für das breite gesellschaftliche Bündnis gegen Patente auf Pflanzen und Tiere", kommentierte Ruth Tippe von der Organisation Kein Patent auf Leben! die Entscheidung des EPA. Mit der Übergabe von etwa 75.000 Unterschriften und einer Skulptur des "größten Brokkoli der Welt" hatten Patent-Gegner bereits 2014 vor dem EPA demonstriert und "Freiheit für den Brokkoli" gefordert.

Kein Patentschutz bei konvetioneller Züchtung

Die Entscheidung des EPA basiert auf einer neuen Regel der Europäischen Patentorganisation vom vergangenen Jahr, nach der ausschließlich mit konventionellen Verfahren wie Kreuzung und Selektion gezüchtete Pflanzen keinen Patentschutz mehr erhalten. "Der Widerruf des Patents erfolgt als Konsequenz der Umsetzung dieser Regelung in die Praxis", sagte EPA-Pressesprecher Rainer Osterwalder.

Rund 80 Patente hat das EPA nach eigener Angabe auf konventionell gezüchtete Pflanzen oder auch daraus hergestellte Produkte erteilt. Patentgegner kritisierten dies seit Jahren. In manchen Fällen gab es längst Einsprüche, die nun nach der Neuregelung abgearbeitet werden.

Die großen Konzerne seien mit ihrer Strategie gescheitert, herkömmliche Züchtung über das Patentrecht zu monopolisieren, sagte Tippe. Allerdings gebe es noch Schlupflöcher, wie ein Patent auf Braugerste zeige. Erst kürzlich hatte das EPA trotz der Neuregelung dieses Patent teilweise bestätigt, da nach Auffassung des EPA nicht nur konventionelle Züchtungsschritte, sondern auch chemische Verfahren zu der besonderen Gerste geführt hatten. "Hier muss die Politik jetzt erneut aktiv werden", verlangte Tippe.

Gentechnisch hergestellte Pflanzen bleiben patentierbar. Derzeit liegen beim EPA rund 330 Anmeldungen für ohne Gentechnik entwickelte Pflanzen vor. "Hier muss jetzt geprüft werden, ob sie ausschließlich mit herkömmlichen Methoden oder aber auch mit technischen Hilfsmitteln hergestellt wurden und damit auch nach den neuen Regeln patentierbar werden können", sagte Osterwalder.