Italien gerät im Haushaltsstreit mit der EU-Kommission zunehmend unter Druck. Als erste große Rating-Agentur senkte Moody's am Freitagabend ihre Note für die Kreditwürdigkeit des Landes - mit Verweis auf die voraussichtlich deutlich höhere Neuverschuldung 2019.

Damit dürfte es für die Regierung teurer werden, sich frisches Geld am Kapitalmarkt zu leihen. Weitere Herabstufungen könnten noch im Oktober folgen. Die umstrittenen Pläne der populistischen Regierung in Rom werden voraussichtlich auch die Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am kommenden Donnerstag überschatten. Zuvor läuft am Montag eine Frist der EU-Kommission ab, auf die Kritik der Brüsseler Behörde zu antworten. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte schlug am Samstag versöhnlichere Töne an: Es werde einen "konstruktiven Dialog" geben.

Kein Ausstieg aus dem Euro

Conte ergänzte nach der Kabinettssitzung am Wochenende, er werde schon bald EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker treffen, um die Streitpunkte zu erörtern. Vize-Regierungschef Matteo Salvini von der rechten Lega sagte, es gebe und werde auch keinen Plan für einen Ausstieg aus dem Euro geben. Wegen der kostspieligen Wahlversprechen und Befürchtungen einer neuen Schuldenkrise haben ausländische Investoren seit Mai ihre Engagements in italienischen Staatsanleihen um 67 Milliarden Euro reduziert.

Das Land muss Investoren deutlich höhere Zinsen bieten, um Anleihen zu platzieren. Die Rendite der zehnjährigen Papiere kletterte zuletzt auf rund 3,8 Prozent. Das ist der höchste Stand seit viereinhalb Jahren. Der Risikoaufschlag zu vergleichbaren Bundesanleihen liegt zudem so hoch wie zuletzt während der Euro-Schuldenkrise 2012. "Das kostet den Staat ordentlich Geld," so Commerzbank-Ökonom Marco Wagner. "Denn je höher der Zins, desto teuerer werden neue Schulden für die italienische Regierung."

Moody's senkte sein Italien-Rating auf "Baa3". Die Note steht für eine gerade noch befriedigende Kreditwürdigkeit und ist nur eine Stufe über dem berüchtigten Ramsch-Status. Große Fonds dürfen nach ihren eigenen Vorgaben oft kein Geld in Staatsanleihen stecken, wenn diese als Ramsch eingestuft werden. Weitere Herabstufungen könnten die Kapitalflucht verstärken.

Verschuldung dreimal höher als geplant

Die neue Regierung in Rom aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega plant für 2019 eine drei Mal so hohe Neuverschuldung wie von der Vorgängerregierung zugesagt. Die EU-Kommission sieht darin einen gravierenden Verstoß gegen europäische Regeln. Am Donnerstag kommt die Euro-Notenbank zusammen und wird dabei auch über Italien beraten. "Die EZB wird solange keine Bereitschaft zeigen, Italien zu unterstützen, sofern nicht auch andere Länder unverschuldet mit in die Krise hineingezogen werden," so BayernLB-Volkswirt Stefan Kipar.

Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny sagte im "Kurier" (Samstagsausgabe), die Verschuldung Italiens sei beunruhigend. Sie ist mit 130 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung innerhalb der Eurozone nur im krisengeplagten Griechenland noch höher. Italien muss sich nach Angaben des EZB-Ratsmitglieds 2018 und 2019 rund 380 Milliarden Euro am Kapitalmarkt beschaffen. Das sei derzeit nur zu höheren Zinsen möglich, was das Defizit im Budget erhöhen werde. Vize-Regierungschef Luigi Di Maio, zugleich der Vorsitzende der 5-Sterne-Bewegung, sagte, das für nächstes Jahr geplante Haushaltsdefizit von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung stehe. Die Regierung werde hier nicht nachgeben.

Der einflussreiche Lega-Politiker Giancarlo Giorgetti sagte der Zeitung "Il Messaggero" allerdings, es könne am Ende auch ein geringeres Defizit geben. Italien dürfe den Druck der Märkte nicht ignorieren. Bei den Banken könnte es erneut einen Bedarf für frisches Kapital geben.

Europapolitisch im Abseits

"Mit dieser Kursänderung manövriert sich die italienische Regierung europapolitisch ins Abseits", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, der Zeitung "Die Welt". Vorgaben zum Schuldenabbau würden ignoriert, ergänzte der CSU-Europapolitiker Markus Ferber. Die Regierung in Rom stecke "Europa die Zunge raus". Das sei ein Affront, auf den die EU-Kommission reagieren müsse. DekaBank-Chefökonom Ulrich Kater sagte der "Rheinischen Post", solange das weltweite Wirtschaftswachstum stark bleibe, könne alles gutgehen. "Aber spätestens im nächsten Konjunkturrückgang wird sich zeigen, dass die Annahmen der italienischen Regierung falsch sind und dann kann es gefährlich werden."

Die Regierung im Rom will mehr investieren, um der drittgrößten Volkswirtschaft in der Euro-Zone mehr Schwung zu verleihen. Vorgesehen sind unter anderem Steuersenkungen und ein Grundeinkommen für Arme. "Die meisten Erhöhungen bei den Regierungsausgaben sind struktureller Natur, was bedeutet, dass sie nur schwer rückgängig zu machen sind", kritisierte Moody's