Die USA und die EU haben sich überraschend auf die Beilegung ihres Handelsstreits geeinigt. US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vereinbarten am Mittwoch bei einem Krisentreffen im Weißen Haus, Gespräche über die Abschaffung von Zöllen auf Industriegüter beginnen zu wollen. Während der Verhandlungen wollen beide Seiten auf neue Zölle verzichten, erklärte Juncker.

Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus. "Wir haben Zeit gewonnen", meinte der deutsche Außenminister Heiko Maas. "Es wird nicht zu weiteren Maßnahmen kommen, die gegenseitig verhängt werden". "Jean-Claude Juncker hat gezeigt, dass es eben am Ende nicht darum geht, wer die größten Buchstaben bei Twitter benutzt, sondern darum, ob man reale Lösungen anzubieten hat oder nur starke Sprüche", erklärte Maas unter Anspielung auf Trumps häufige Veröffentlichungen über den Kurznachrichtendienst.

"Europa hat sich nicht auseinanderdividieren lassen"

Die deutsche Wirtschaft (DIHK) hat die Pläne der EU und der USA zur Beilegung des Handelskonflikts zwar begrüßt, sieht aber noch viele offene Fragen. "Das Treffen hat immerhin gezeigt, dass Europa sich nicht auseinanderdividieren lässt. Nur geschlossen europäisch haben wir ausreichend wirtschaftliches und politisches Gewicht, um unsere Interessen wirksam zu vertreten", sagte DIHK-Präsident Schweitzer.

Überwiegend zustimmend haben sich am Donnerstag Europaabgeordnete zu dem Treffen. "Die Drohkulisse bleibt - das ist sehr bedauerlich und keine gute Grundlage für konkrete Verhandlungen", betonte jedoch Bern Lange, der Handelsausschussvorsitzender des Europäischen Parlaments. "Einzig die Verabredung, wieder miteinander zu sprechen, ist besser als gar nicht zu reden", betonte der SPD-Abgeordnete.

Ein Bussl wirkt manchmal Wunder ...

"Wir haben heute einen Deal geschlossen", sagte Juncker nach seinem Treffen mit Trump. So wolle man über die Angleichung von Standards reden und gemeinsam an einer Reform der Welthandelsorganisation (WTO) arbeiten. Er bestätigte zudem, dass die EU künftig mehr Sojabohnen und Flüssiggas aus den USA importieren wolle.

Trump: "Neue Phase"

Trump sagte: "Wir haben uns genau hier im Weißen Haus getroffen, um eine neue Phase in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zu starten. Eine Phase enger Freundschaft, starker Handelsbeziehungen, in denen wir beide gewinnen werden."

Große Erleichterung im Autobauerland Deutschland

Die Einigung von Washington wurde in Deutschland, das US-Zölle auf Autos hart getroffen hätte, bejubelt. "Zölle runter, nicht rauf! Freier Handel & Mio Jobs gesichert!", schrieb der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier auf Twitter. Juncker und Handelskommissarin Cecila Malmström hätten "großartig" verhandelt. Die Grundsatzeinigung trieb am Abend auch die Wall Street an, die wichtigsten Aktienindizes schlossen teils deutlich im Plus. Die Technologie-Auswahlindizes Nasdaq 100 und Nasdaq Composite schwangen sich sogar zu Rekordhöhen auf.

Juncker war nach Washington gereist, um eine weitere Eskalation des Handelsstreits abzuwenden. Trump hatte bereits Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte verhängt. Die EU reagierte mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte wie Whiskey, Jeans und Motorräder im Wert von 2,8 Milliarden Euro. Trump ließ aber auch Sonderzölle auf den Import europäischer Autos prüfen, was vor allem deutsche Autobauer hart treffen würde. Die EU bereitete für diesen Fall weitere Vergeltungsmaßnahmen vor.

"Juncker ist ein kluger und zäher Mann"

Trump bezeichnete Juncker zu Beginn des Spitzentreffens als einen "klugen" und "zähen" Mann. Der US-Präsident sagte: "Wir wollen nur, dass es faire Wettbewerbsbedingungen für unsere Landwirte, für unsere Produzenten, für alle gibt." Die USA wären sehr zufrieden, wenn es keine Zölle, keine Handelshindernisse und keine Subventionen gäbe. Zuvor hatte Trump auf Twitter mit zusätzlichen Importzöllen gedroht.

Kurz vor ihrem Gespräch hatten beide Politiker klargemacht, dass sie sich im Recht sehen und von der jeweils anderen Seite ein Einlenken erwarten. "Wir sitzen hier nicht auf der Anklagebank. Insofern brauchen wir uns auch nicht zu verteidigen", sagte Juncker im ZDF.

Die Einigung im Handelsstreit führte zu einer Börsenrallye. Der Dow Jones Industrial stieg um 0,68 Prozent auf 25 414,10 Punkte, nachdem er am Dienstag von überwiegend guten Unternehmenszahlen profitiert hatte. Für den marktbreiten S&P 500 ging es um 0,91 Prozent auf 2846,07 Punkte nach oben. Der Nasdaq 100 verzeichnete ein Plus von 1,38 Prozent auf 7508,59 Punkte. Seine Bestmarke liegt nun bei gut 7511 Punkten.

"Unangemessene Fragen"

Das Weiße Haus ist wegen eines Verbots für eine Journalistin des Senders CNN an der Teilnahme an der Pressekonferenz von US-Präsident Donald Trump mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker heftig kritisiert worden. CNN zitierte am Mittwoch seine Reporterin Kaitlan Collins, wonach Beamte der Kommunikationsabteilung des Weißen Hauses ihr die Teilnahme an der Pressekonferenz untersagten. Grund seien "unangemessene" Fragen, die sie bei einer anderen Pressekonferenz früher am Tag gestellt habe.