Branchenschau in turbulenten Zeiten: Die Dieselkrise, drohende Fahrverbote und der Vertrauensverlust der Kunden setzen der Autoindustrie vor Beginn der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA in Frankfurt am Main zu. Doch auch die Messe selbst, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am kommenden Donnerstag eröffnet, ist im Umbruch: Tesla, Nissan, Peugeot und Volvo, bleiben der IAA fern.

Vor zwei Jahren platzte mitten in die Messe die Mitteilung der US-Umweltbehörde, dass Volkswagen Abgaswerte manipulierte. "Das war ein Schock", sagt Peter Fuß von der Beratungsgesellschaft EY. "Alle dachten, dass das Thema nach zwei Jahren unter Kontrolle ist. Doch jetzt kommt die Diskussion über Fahrverbote - das heißt, das Thema ist bei weitem nicht gelöst." Auf der IAA sei es deshalb spannend zu sehen, mit welchen Konzepten und Ideen die Industrie auf diese Bedrohung für den Diesel reagiere.

"Ermüdungserscheiungen": Einige Absagen

So manche viel beachtete Neuheit werden Besucher in Frankfurt allerdings nicht zu sehen bekommen. Der US-Elektrohersteller Tesla wird mit seinem Mittelklassefahrzeug Model 3 bei der IAA ebenso wenig vertreten sein wie der Autobauer Nissan, der erst vor wenigen Tagen in Japan seine neue Version des Elektroautos Leaf präsentierte. Tesla sei "kein traditioneller Autobauer", hieß es zur Begründung. Auch Fiat Chrysler, Peugeot und Volvo lassen die IAA aus.

Das Konzept der klassischen Automessen zeige "deutliche Ermüdungserscheinungen", erklärt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Nötig seien neue Messekonzepte, bevor es zu spät sei. "Etliche Hersteller kommen nicht zur IAA, weil es einfach andere Optionen gibt", sagt EY-Experte Fuß. Ein Beispiel dafür sei die Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, wo auch neue Mobilitätskonzepte vorgestellt werden.

Allerdings sei auch die IAA "auf einem guten Weg", sagt Fuß. Der Automobilverband VDA, der die Messe ausrichtet, versuche, "den Spirit" der CES auch nach Frankfurt zu bringen. So will die IAA im Rahmen der Veranstaltung "New World Mobility" Konzepte zur "nachhaltigen Mobilität in den Städten von morgen" zeigen.

BMW und Jaguar mit E-Offensive

Darauf, dass durch die Straßen der Zukunft vor allem Elektroautos rollen, setzen inzwischen immer mehr Hersteller. BMW kündigte kurz vor Beginn der Messe an, bis 2025 zwölf reine Elektromodelle und 13 Hybridmodelle auf den Markt zu bringen. Der Luxusauto-Hersteller Jaguar Land Rover versprach im Vorfeld, von 2020 an alle Modelle auch als elektronische oder Hybrid-Version anzubieten.

Auf der IAA zu sehen sein sollen unter anderem eine überarbeitete Version von Volkswagens E-Konzeptauto ID Crozz sowie ein Elektro-Mini. Für Furore sorgen dürfte ein neuer Supersportwagen von Mercedes-AMG mit Hybrid-Antrieb. Für Besucher öffnet die IAA vom 16. bis zum 24. September.

Autoexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch-Gladbach blickt mit gemischten Gefühlen auf die IAA. Die Dieselkrise sei "ein Image-Problem", für die gesamte Branche. Auf der anderen Seite habe die Autoindustrie einige ihrer gewinnträchtigsten Jahren hinter sich.

"Keine Krisenstimmung aber auch kein Feuerwerk"

Deshalb können die Autobauer durchaus auch optimistisch in die Zukunft schauen. Dudenhöffer erwartet, dass der weltweite Automarkt auch im Jahr 2017 ein spürbares Wachstum von 2,6 Prozent zeigt und auf 85,3 Millionen Pkw-Verkäufe anwächst. Gefragt blieben vor allem SUV's, insbesondere auf dem wichtigen Markt in China.

Fuß erwartet bei der IAA "keine Krisenstimmung aber auch kein Feuerwerk". Es gebe große Unsicherheit - nicht nur bezüglich der Elektromobilität, sondern auch, ob sich das autonome Fahren durchsetzen könne. "Das Gute ist", sagt Fuß, "dass die Hersteller Geld für Innovationen haben".