Neuwahlen stehen an, die Parteien werfen sich gegenseitige Blockadepolitik vor, die Bevölkerung scheint zunehmend genervt. Wie geht es einem Unternehmer damit?
Florian Gschwandtner: Neuwahlen sind schon o. k., bevor man sich zu lange blockiert. Sowohl Christian Kern als auch Sebastian Kurz haben ein gutes Verständnis, dass etwas verändert werden muss. Aber wir können als Unternehmer und Staatsbürger auch selbst genug machen, um am System etwas zu ändern, und dürfen nicht immer nur jammern und uns darauf ausreden, dass wegen der Politik nichts weitergeht.

Wie fit ist der Wirtschaftsstandort Österreich eigentlich?
Gschwandtner: Relativ fit, wobei das Potenzial da ist, dass nach oben noch mehr möglich wäre. Wir machen ein bisschen zu wenig aus den guten Grundlagen, die wir haben. Zum Beispiel müssten wir das Bildungssystem, das ein bisschen in die Jahre gekommen ist, dringend anpassen.
Sie haben zuletzt ein Plädoyer für Mathematik in der Schule gehalten.
Ja, weil Daten, Software und das Verständnis dafür immer wichtiger werden. Deshalb bin ich überzeugt davon, dass zum Beispiel Software-Entwickler die „Rockstars“ in der Wirtschaft der Zukunft sein werden. Dafür braucht es ein Grundverständnis von Mathematik. Es geht darum, ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen.

Wer bremst?
Gschwandtner: Die Eltern, die Lehrer. Wir dürfen der Jugend in Sachen Technik nichts Negatives vorleben. Ein Technik-Studium ist eine fast hundertprozentige Jobgarantie.

Finden Sie ausreichend qualifizierte Mitarbeiter?
Gschwandtner: Derzeit finden wir zu wenig Talente. Wir suchen 30 bis 50 Leute an unseren Runtastic-Standorten in Linz, Salzburg und Wien.

Sie sind nach der Übernahme von Runtastic durch Adidas selbst unter die Business Angels gegangen und unterstützen Start-ups. Worauf achten Sie bei Ihren Investments?
Gschwandtner: Ob die Leidenschaft, die Passion da ist. Da ist bei meinen Entscheidungen sehr viel Bauchgefühl dabei. Die eigentliche Geschäftsidee ist zunächst fast zweitrangig. Der Return of Investment ist nicht mein erstrangiges Motiv. Ich finde es gut, wenn sich die Szene entwickelt, und sehe es auch als Pflicht an, die Jungen zu pushen.

Sie sind ja selbst erst 34.
Gschwandtner: Ja, aber die Millennials sind schon wieder eine ganz andere Generation. Sie zu unterstützen, mitzuprägen, sehe ich als meine Verantwortung. Freilich müssen auch die Rahmenbedingungen passen.

Was müsste man ändern?
Gschwandtner: Man müsste beispielsweise Risikokapital steuerlich absetzbar machen, dann würde etwas mehr Geld in die Szene fließen. Und die Veränderung ablehnende Haltung gehört weg. „Wir haben das immer so gemacht“ – das ist der gefährlichste Spruch in der Wirtschaft.

Was raten Sie einem Start-up?
Gschwandtner: Durchbeißen, nicht aufgeben. Und einen Fehler nie als Fehler sehen. Aber: „Fail fast!“ und lerne daraus. Man darf an einem Businessplan, der nicht funktioniert, nicht ewig festhalten.

Sie haben Runtastic 2015 an Adidas verkauft, sind aber immer noch operativ tätig. Spüren Sie Einschränkungen durch die große Konzernstruktur?
Gschwandtner: Nein, im Gegenteil. Es ist eine Bereicherung.

Was machen Sie in zehn Jahren?
Gschwandtner: Ich kann mir ungefähr vorstellen, wo ich in drei Jahren sein will. Aber ihn zehn? Keine Ahnung! Ein langfristiger Plan fehlt, weil man dann maximal enttäuscht sein kann.

Was machen Sie also 2020?
Gschwandtner: Ich darf dabei helfen, bei Adidas die Vision 2020 im digitalen Bereich umzusetzen. Das Management will den Gewinn von zuletzt einer Milliarde Euro auf vier Milliarden treiben.

Wie soll das gelingen?
Gschwandtner: Es gibt mehrere Ansätze, zum Beispiel die Produktionskette straffen, mehr Produkte individualisiert und „on demand“ und online anbieten und dadurch weniger Bedarf an Lagerkapazitäten schaffen.

Und bei Runtastic selbst?
Gschwandtner: Im Herbst werden wir etwas Richtung Ernährung auf den Markt bringen.