Wenn sich mit Mondi einer der weltgrößten Papier- und Verpackungskonzerne auf die Fahnen heftet, bis 2025 sein komplettes Produktprogramm so umzustellen, dassalle eingesetzten Materialien wiederverwertbar, recyclierbar oder kompostierbar sind, dann ist das selbst für einen „Multi“ eine Herausforderung und teuer. Denn neben vielen spannenden Verpackungslösungen, die der von Wien und London aus gesteuerte Marktriese mit weltweit 26.000 Mitarbeitern gerade etwa im Handel lanciert, gibt es auch noch „unbeschriebene Blätter“. 25 Prozent der Mondi-Produkte erfüllen die Kriterien nämlich noch nicht. „Wir haben noch nicht für alle Notwendigkeiten nachhaltige Lösungen,“ sagt Lars Mallasch. Er ist als Vorstandsmitglied für Technik und Nachhaltigkeit im Wesentlichen dafür verantwortlich, die vor Kurzem beschlossenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Die Rolle, die Österreich dabei spielt, ist nicht zu unterschätzen. Insbesondere die beiden Standorte Frantschach und Zeltweg gelten im Konzern als Speerspitze bei recyclebaren Verpackungen für Lebensmittel wie Käse. Deren Unterseite besteht aus einer Spezialpapierschale, die Oberseite aus Kunststoff, einem Monomaterial, damit es wiederverwertet werden kann. „Darauf sind wir sehr stolz, so Mallasch, „weil dieser Eintritt in den Markt der Frischlebensmittel nicht einfach ist. Wir wollen das weiterentwicklen, sodass darin auch Fleischprodukte, Wurstwaren verpackt werden können, was noch einmal eine Herausforderung ist, weil die Ware noch verderblicher ist.“

Mondi-Nachhaltigkeitsmanager Lars Mallasch: Die Standorte in Zeltweg und in Frantschach spielen bei neuen Verpackungslösungen des Konzerns eine Schlüsselrolle
Mondi-Nachhaltigkeitsmanager Lars Mallasch: Die Standorte in Zeltweg und in Frantschach spielen bei neuen Verpackungslösungen des Konzerns eine Schlüsselrolle © (c) Klaus Ranger

In Österreich verpackt Rewe inzwischen seinen Käse der Marke „JaNatürlich“ in den Frantschach-Schalen. Mallasch zufolge ist das Interesse der Lebensmittelindustrie und des Handels inzwischen sehr groß: „Das ist ein toller Trend. Und wir haben natürlich den großen Vorteil, dass wir nicht nur Papierverpackungen oder nur Kunststoffverpackungen machen. Wir nehmen Papier, wo immer das möglich ist, setzen aber Kunststoff da ein, wo es sinnvoll ist.“

Die mit Kunststoff kombinierte Papierschale ist aber nur ein Beispiel für Verpackungen, wie wir sie in Zukunft wohl viel öfter in der Hand halten werden. In einer Partnerschaft mit dem Handelskonzern Tesco werden in Tschechien Papiertaschen erstmals in einem geschlossenen Kreislauf produziert. Für die Taschen wird ausschließlich bei Tesco anfallendes Papier verwendet.

In Schwedens Supermärkten füllt man Obst und Gemüse in kompakte Mondi-Papiertaschen, die dann zuhause zum Sammeln der Bio-Küchenabfälle taugen. Denn sie sind gleichzeitig wasserfest, aber auch luftdurchlässig, was zumindest die Aufbewahrung für ein paar Tage ermöglicht. Gemeinsam mit Amazon verfolgt Mondi den Ansatz, Gewicht und Volumen von Verpackungen zu reduzieren und mehr flexible Verpackungen einzusetzen.

Mit dem Kosmetik- und Putzmittelhersteller Werner & Mertz (Marke Frosch, Erdal) wurde ein Kunststoffbeutel aus Monoplastik patentiert, der nicht wie herkömmliche Beutel verbrannt werden muss, weil nicht verschiedene Schichten miteinander verschweißt, sondern leicht getrennt werden können.

Auf der Produktionsseite hilft inzwischen Künstliche Intelligenz (KI), zu geringerem Energieverbrauch und noch weniger Störungen zu kommen. Zwischen 3000 bis 4000 Sensoren liefern heute aus einer Papiermaschine einen riesigen Datenstrom. In Frantschach gibt es sogar eine Premiere: Dort kann ein neu entwickelter Sensor die Papierfestigkeit unter laufendem Betrieb ermitteln und für 30 Minuten vorhersagen. Bisher musste dafür Papier physisch untersucht werden.

Der große Mehrwert der mittels Künstlicher Intelligenz geformten Daten-Modelle: Dieses digitale Feinst-Tuning kann künftig weltweit an anderen der mehr als 100 Produktionsstätten nachvollzogen werden. „Wir investieren auch viel Geld in die Harmonisierung unserer IT-Infrastruktur, was uns dann ermöglicht, die erzielten Lerneffekte in den einzelnen Fabriken anzuwenden,“ erklärt Mallasch. „Darauf richten wir ein sehr großes Augenmerk. Die Skalierbarkeit ist uns extrem wichtig.“

Frantschachs Papierschalen für Lebensmittel könnten aber aufgrund der sehr speziellen Ausrichtung des Kärntner Standortes nur von einigen anderen Werken im Mondi-Imperium produziert werden, versichert Mallasch.

400 Millionen Euro will Mondi in die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele investieren. 2020 setzte der Konzern, der an der Londoner Börse notiert, 6,6 Milliarden Euro um und machte 647 Millionen Euro Gewinn. In Österreich verfügt Mondi über acht Standorte mit 2500 Mitarbeitern. Zu fast 80 Prozent sind das übrigens Männer, deshalb soll auch die Frauenquote von derzeit 21 Prozent auf 30 Prozent im Jahr 2030 gebracht werden.