Obwohl der Großteil der Lehrling in Österreich mit der Ausbildung zufrieden ist, sehen die Arbeitnehmervertreter bei der Lehrlingsausbildung Handlungsbedarf. Ein Drittel der Lehrlinge wird in der Lehre häufig für ausbildungsfremde Tätigkeiten herangezogen. Zudem leistet ein Drittel der Lehrlinge regelmäßig Überstunden, ein Zehntel davon nicht immer freiwillig. Laut Gesetz sind allerdings Überstunden für Jugendliche unter 18 Jahren verboten.

Das zeigt eine bundesweite Befragung vom Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung im Auftrag von Arbeiterkammer und Gewerkschaft. Für diesen dritten "Österreichischen Lehrlingsmonitor" wurden mehr als 5000 Lehrlinge befragt.

Die Überstundenmuster unterscheiden sich nach Branchen: vor allem im Tourismus und Gewerbe absolvieren Lehrlinge laut Umfrage überdurchschnittlich häufig Überstunden (67 Prozent im Tourismus und 40 Prozent in Gewerbe und Handwerk). Je fünf Prozent der Lehrlinge gaben zudem an, die Überstunden gar nicht oder nur manchmal bezahlt zu bekommen. Hohe Anteile nicht bezahlter Überstunden verzeichnen laut Umfrage vor allem die Gastronomie sowie das Hotel- und Gastgewerbe.

"Kein guter Start"

"Wenn die erste Erfahrung eines jungen Menschen in der Arbeitswelt ist, dass er mehr arbeiten muss und das nicht bezahlt bekommt, dann ist das kein guter Start in ein zukünftiges Berufsleben", kommentiert ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian die Ergebnisse. Das betreffe aber nicht nur Lehrlinge. Katzian weist darauf hin, dass 2018 in Österreich 255 Millionen  Überstunden geleistet wurden, 43 Millionen davon seien nicht abgegolten worden. Zudem hätten Lehrlinge oft Angst, ihren Lehrplatz zu verlieren, wenn sie Überstunden nicht zustimmen, so der ÖGB-Präsident.

Lehre "aufwerten"

Viel zu tun gibt es aus Sicht der Gewerkschafter für die Aufwertung der Lehre. "Immer nur darüber zu reden, ist der falsche Weg. Wir müssen endlich handeln", betont AK-Präsidentin Renate Anderl. "Sehr viele Betriebe bieten eine hervorragende Ausbildung und gute Rahmenbedingungen für ihre Lehrlinge an", betont Anderl. Trotzdem zeige der dritte Lehrlingsmonitor nicht wirklich Verbesserungen. "Wir hätten uns in vielen Punkten eine Verbesserung erwartet. Es reicht nicht, das Image immer wieder aufzupolieren", kritisierte sie. 

"Nicht madig reden"

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck reagierte am Mittwoch prompt auf die Vorwürfe der Gewerkschafter. "Ich lasse mir unsere Lehrlingsausbildung und unsere engagierten Lehrlinge und Betriebe nicht madig reden", so die Ministerin in einer Aussendung. Eine Steigerung der Lehrlingseinkommen um bis zu 46 Prozent in einigen Branchen zeige, dass die enorme Bedeutung von Lehrlingen in den Betrieben angekommen sei. "Wenn wir der Lehre mehr Stellenwert beimessen und ihr Image aufwerten wollen, müssen wir auf politischer Ebene von einer Negativdebatte zu einer Chancendebatte kommen", so Schramböck.