Lisa Husz ist 23 Jahre alt, arbeitet viel aus dem Homeoffice und besetzt als eine von drei Frauen eine Führungsposition in einem Start-Up. Bonus: Sie kennt die Gehälter ihrer Kolleginnen und Kollegen. „Ja, ich weiß genau, was meine Kolleginnen und Kollegen verdienen und das macht uns als Team nur stärker.“ Nachsatz: „Nicht auf den Cent genau, aber im Großen und Ganzen haben wir eine sehr gute Transparenz.“ Die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern ist bei „123 Transporter“ also kein großes Thema. Damit ist das Transportunternehmen die Ausnahme. Aber auch dass hier drei Frauen in der Führung sitzen, ist ungewöhnlich. Gerade in einer Branche, die sich mit Mobilität beschäftigt. Ganz kurz erklärt, bieten „123 Transporter“ ähnlich wie andere Sharing-Dienste Großfahrzeuge an, die man sich ausborgen kann. Das in Niederösterreich gegründete Unternehmen ist Anbieter von 200 Fahrzeugen und hat auch kürzlich nach Kärnten expandiert, weil österreichweit die Nachfrage gestiegen ist. Es ist also wie Car-Sharing, aber dass auch große Transporte, wie Baumaterialien oder Topfpflanzen.
Doch zurück zu den Frauen, den Gehältern und den Möglichkeiten. Natürlich ist es toll, wenn es diese Transparenz gibt, doch die Ökonomin Henrike van Platen meint, um den Gender-Pay-Gap zu schließen, sollte man in erster Linie die Art und Weise der Entlohnung neu gestalten, damit es eben nicht auf das „Verhandlungsgeschick“ ankomme. „Die Firmen kennen doch am allerbesten den Wert, was eben eine Position, ja was die Arbeit einer Position wert ist, und damit könnte man aufhören, Frauen ständig Coachings für Verhandlungsgeschick anzudrehen, sondern einfach nach Kompetenz bewerten“, so Henrike van Platen. Die „123 Transporter“ Führungskraft Lisa Husz kennt das: „Bei uns gibt es natürlich ein Leistungsprinzip, also wer mehr Verantwortung nimmt, bekommt mehr bezahlt, aber man wird auch gepusht, kriegt sehr regelmäßig Feedback und das Vorankommen ist damit für Frauen einfacher.“ Sie erzählt etwa von Diana Kokic sie ist Head of Business Support, hat direkt nach der Karenz in Teilzeit im Unternehmen begonnen und ist innerhalb eines Jahres in diese Position vorgerückt. Allerdings sind Start-Ups meist auch wachsende Unternehmen, wo solche raschen Karriereschritte manchmal leichter zu ermöglichen sind ,als bei mittleren oder großen traditionellen Firmen.
Warum kriegen Männer eine „Wurf-Prämie“ wenn sie Väter werden?
Dass es zwischen Männern und Frauen aktuell noch große Differenzen gibt, ist jedenfalls eine Tatsache. Laut Statistik Austria liegt diese aktuell bei 18,8 Prozent. Damit hat man sich verbessert, denn 2021 lag sie noch bei 23,5 Prozent, doch Österreich ist trotzdem immer noch sehr viel höher, als der EU-Schnitt, der bei 12,7 Prozent liegt. Doch man könnte sich auch fragen: Warum gibt es überhaupt einen Unterschied, angesichts der vermutlich besten Ausbildungsvoraussetzung aller Zeiten? Die aktuelle Nobelreisträgerin für Wirtschaftswissenschaften, Claudia Goldin, die intensiv auch zu diesem Thema forscht, beschreibt es so: „Es gibt drei Faktoren, die Frauen daran hindern: die Mutterschafts-Strafe, die Vaterschafts-Prämie und der Preis dafür, eine Frau zu sein.“ Gemeint ist damit, dass Frauen durch die Tatsache, dass sie Kinder bekommen, von Karriere und Geld ferngehalten werden, unter anderem durch fehlende Kinderbetreuung und der daraus resultierenden Teilzeitquote, die in Österreich bei fast 50 Prozent liegt. Werden aber Männer Väter, so winkt oft eine Gehaltserhöhung, van Platen berichtet von einem Fall in Bayern, bei dem es wortwörtlich eine „Wurf-Prämie“ für Väter gab.
Insgesamt sieht die Ökonomin es durchaus positiv, dass auch durch Termine, wie den Equal Pay Day das Thema im Gespräch bleibt und sich damit Stück für Stück verbessert. In der Steiermark war dieser am 7. Oktober. Das bedeutet konkret: 86 Tage, also bis Jahresende, arbeiten Frauen auch 2023 unentgeltlich.