Gehen Sie privat noch shoppen, Herr Glaser?
LINUS GLASER: Lebensmittel kaufe ich offline. Sonst das allermeiste online.

Ihre Kunden schicken 50 Prozent ihrer Bestellungen wieder zurück. Kommt Sie das nicht teuer?
GLASER: Die Retouren sind Teil unseres Geschäftsmodells. Unsere Kunden bestellen viele Artikel auf einmal und treffen ihre Kaufentscheidung erst zu Hause. Was nicht passt, schicken sie zurück. Daraus ergibt sich übrigens die beliebteste Zahlungsart der Österreicher, Deutschen und Schweizer: auf Rechnung. Es hat den Vorteil, dass man erst nach seiner Kaufentscheidung zahlt und nichts „vorstrecken“ muss.

Wie gut kennen Sie die Kunden?
GLASER: Die Kaufdaten sind das eine. Auf der anderen Seite sehen wir, dass die Kunden bereit sind, Informationen mit uns zu teilen, wenn sie einen Nutzen davon haben. Seien es zum Beispiel genauere Größenempfehlungen oder passende Inspirationen.


Kennen Sie auch den Inhalt der Kleiderschränke Ihrer Kunden?
GLASER: Im Sommer haben wir die App „Wardrobe“ gestartet: Kunden können ihren Kleiderschrank digitalisieren, Kleidung verkaufen, sich inspirieren lassen oder selbst Styling-Vorbild sein.

Shoppen zu Hause vor dem Kleiderschrank?
GLASER: Unsere Kunden shoppen mobil. 80 Prozent unserer Seiten-Aufrufe und zwei Drittel der Bestellungen sind bereits mobil. Und zwar tatsächlich am Handy. Früher war Online-Shopping ein Laptop-Thema nach dem Motto: Man setzt sich Sonntagabend an den PC – heute ist das nur noch ein Randthema. Daher ist die App extrem wichtig für uns. Und wir bieten Anreize, öfter auf sie zu klicken.

Aber viele sind restriktiver geworden, was die Anzahl der Apps am Handy angeht.
GLASER: Das kommt uns aber eher zugute. Wir sind die größte Einkaufsstraße in Europa. Aktuell haben wir über 300.000 Artikel auf der Seite. Inspiration und Personalisierung sind daher wichtige Begriffe für uns: Wir stehen vor der Herausforderung, wie wir es schaffen, dass die Kunden nicht überwältigt werden und sich, etwa auf der Suche nach einer Winterjacke, nicht durch Hunderte Artikel klicken müssen.

Instagram oder Snapchat animieren Nutzer zum Einkaufen direkt über ihre Seiten. Eine Konkurrenz?
GLASER: Instagram ist für uns eine Werbe-Plattform. Es gibt auch „Insta-Shopping“: Wir posten ein Bild mit einem Outfit und verlinken direkt zum Artikel, damit man ihn gleich kaufen kann. Denn das, was man sieht, kauft man auch. Das Objekt seiner Begierde nicht zu finden, erzeugt Frust, was nicht in unserem Interesse ist.

Wie häufig muss zum Rotstift gegriffen werden, um das Geschäft anzukurbeln? Es heißt, vier von zehn Bekleidungsartikeln werden mit Rabatt verkauft.
GLASER: Ich kann Ihnen unsere Bestseller in Österreich nennen: 2018 waren es bei den Damen Daunenjacke, Schnürstiefelette und Sportleggings, bei den Herren Skinny-Fit-Jeans. Auch Beauty-Adventkalender und Lippenstifte sind beliebt.

Der deutsche Modehandel hat Probleme. Auch die Zalando-Aktie verlor an Wert, der Durchschnitts-Bestellwert sank. Sorge?
GLASER: Der Online-Handel wächst jährlich um 10 bis 15 Prozent. Wir wollen stärker wachsen als der Markt, indem wir pro Jahr 20 bis 25 Prozent zulegen. Wir verdoppeln uns also alle drei Jahre. 2017 haben wir 4,5 Milliarden Euro umgesetzt.

Wie begegnen Sie den steigenden Transportkosten?
GLASER: Wir verbessern die Logistik, damit unsere Pakete schneller weg- und zurückkommen. Wir bauen Logistikstandorte in Europa aus. Es gibt sie bereits in Deutschland, Italien, Frankreich, Polen und Schweden.