Wie sehr waren Sie überrascht, als Bosch und Mahle den Verkauf des Turboladerwerkes meldeten?
FraNZ MLINAR: Ich war völlig überrascht, so wie alle Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter.

Bosch und Mahle sagen, das Werk laufe gut, brauche aber einen Investor. Ist diese Strategie für Sie nachvollziehbar?
Ja, denn derzeit beherrschen die zwei US-Firmen Honeywell und Borg Warner sowie MHI, ein Mitsubishi-Unternehmen aus Japan, den Weltmarkt und liefern 80 Prozent des Bedarfes. Neben Bosch-Mahle gibt es in Europa noch Conti, die beide auf je fünf bis sechs Prozent kommen. Wir haben bei Bosch-Mahle rund eine halbe Milliarde Euro in die Werke investiert, aber wir sind noch viel zu klein. Es müsste noch einmal so viel investiert werden, um konkurrenzfähigere Preise zu erreichen. Dabei ist unser Produkt bei den Abnehmern Nummer eins, wir sind stets die Besten.

Die Qualität der Produkte und der Mitarbeiter ist Garant für Interessenten?
Auf jeden Fall. Wie ich hörte, gibt es schon Interessenten.

Aber ein Konkurrent könnte das Werk auch kaufen wollen, um es aus dem Markt zu drängen.
Das glaube ich nicht. Das größte Potenzial sind die guten
Mitarbeiter mit entsprechender Erfahrung. Eigentlich hat Mahle-Filtersysteme viele hoch qualifizierte Mitarbeiter an Bosch-Mahle abgetreten, damit das neue Werk gut starten konnte.

Trotzdem ist es jetzt ein offener Verkaufsprozess. Viele Menschen sind besorgt und fragen sich bei Bosch-Mahle wie auch beim Mahle-Filterwerk: Sind die Arbeitsplätze sicher?
Nach meinem Dafürhalten sind sie sicher. Wir haben ja Verträge mit VW, BMW, General Motors und Nutzfahrzeuge-Herstellern bis 2023. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bosch mit 375.000 Mitarbeitern und 70,6 Milliarden Euro Umsatz und Mahle mit 76.000 und 1,5 Milliarden Euro Umsatz ein Werk an unsichere Unternehmen verkaufen. Allerdings kann niemand, so wie es die Betriebsräte verlangen, eine Beschäftigungsgarantie abgeben. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre das außerdem ein Klotz am Bein für die Verkaufsverhandlungen.

Was kann die Landespolitik tun, um den Standort in diesem Verkaufsprozess zu stärken?
Momentan kann die Landesregierung nicht viel tun. Das sind Entscheidungen, die nicht reversibel sind. Aber dem Käufer kann sie sehr wohl Signale geben. Wenn dieser bereit ist, noch einmal so viel zu investieren, um entsprechende Stückzahlen zu produzieren, dann kann sich die Landesregierung schon anstrengen und müsste in jeder Weise im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten dem Käufer entgegenkommen.

Was bedeutet die Entwicklung für das Mahle-Filterwerk mit über 2000 Mitarbeitern?
Das Filterwerk steht sehr gut da. Wir haben es über 40 Jahre mit Qualität und besten Leuten aufgebaut. St. Michael ist das Leitwerk für alle Filterwerke von Mahle weltweit. Von überall kommen die Leute her zur Einschulung. Hier sind auch Forschung und Entwicklung angesiedelt. Es ist in keiner Weise so, dass da von den Filtersystemen etwas abfließen könnte. Es kann sein, dass wir noch hochwertigere Produkte in Kärnten produzieren und vielleicht einfachere Produkte an Werke in Rumänien abtreten. Aber das wird keinesfalls zu Personalreduktionen in St. Michael führen, sondern das Werk wird dadurch noch gestärkt.

Es wechselte einst auch der Eigentümer von Knecht zu Mahle.
Ja, die Familie Knecht hatte sich entschlossen, das Filterwerk an Mahle zu verkaufen. Da gab es keine Diskussionen. Hinter Mahle stehen Stiftungen, die das Geld für Investitionen und Firmenzukäufe verwenden. Mahle betreibt bei Stuttgart eine Klinik mit anthroposophischer Behandlung, Waldorfschulen und Kindergärten. Wir kauften vor Jahren auch die Kühlertechnik dazu, die sich gut entwickelt.

Technologisch sind beide Werke gut ausgerichtet, wo sich alles der Elektromobilität zuwendet?
Auch Mahle und Bosch gehen in diese Richtung. Durchsetzen wird sich das Plug-in-System, also Elektrobatterie plus Verbrennungsmotor. Die Hybridmotoren haben alle Turbolader. Nicht zu vergessen sind die Nutzfahrzeuge. Der Turbolader hat Zukunft auf viele Jahre hinaus und das ist für das Werk gut natürlich. Man geht immer mehr in Richtung Elektro. Man hat aber auch – wie man jetzt beim Weltwirtschaftstreffen in Davos gesehen hat – das Thema Wasserstoff wieder ins Leben gerufen. Man wird neben Elektro verstärkt auf die Entwicklung bei Wasserstoff schauen.