Sie haben Vizekanzler Spindelegger zugesagt, den Vorsitz einer Hypo-Untersuchungskommission zu übernehmen. Haben Sie sofort Ja gesagt?

IRMGARD GRISS: Nein, ich habe mir das gründlich überlegt und das Für und Wider abgewogen. Es ist mir völlig klar, dass die Untersuchungskommission nicht für alle Zeit ein Ersatz für einen U-Ausschuss sein kann.

Stellen Sie sich aber jetzt nicht gegen mehr als 50.000 Österreicher, die in einer Online-Petition einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss fordern, wie auch gegen die Opposition?

GRISS: Nein, ich verstehe, dass ein U-Ausschuss gefordert wird. Wenn man sieht, was da noch alles aus dem Budget aufgebracht werden muss, muss jeder sagen: Das muss man aufklären, da kann man nicht zur Tagesordnung übergehen. Eine Opposition würde ihre Aufgabe verfehlen, wenn sie sich hinsetzen und sagen würde: Wir tun nichts, es passt schon.

Sie sind persönlich auch für einen U-Ausschuss?

GRISS: Ja, ich bin grundsätzlich dafür, aber in der derzeitigen Situation kann es besser sein, wenn man zunächst eine Untersuchungskommission wählt und dort aufklärt. Warum ich dem Vizekanzler letztlich zugesagt habe, war aus folgendem Grund: Ich bin der Meinung, dass ein mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren und Zivilverfahren parallel laufender U-Ausschuss nicht günstig ist. Die Gefahr ist groß, dass Unterlagen hinausgespielt werden. Das kann die Wahrheitsfindung in Gerichtsverfahren gefährden und auch die schutzwürdigen Interessen von Leuten, die in ein solches Ermittlungsverfahren hineingezogen werden, aber nicht schuldig sind.

Sie wiederholen die Argumente der Regierung gegen einen U-Ausschuss?

GRISS: Nein, das sind meine Argumente und ich glaube, dass sie das Nein zu einem U-Ausschuss derzeit rechtfertigen.

Im Rechtsstreit mit den Bayern geht es um 2,3 Milliarden Euro. Der Vizekanzler meint, durch einen U-Ausschuss würde die Gegenseite Einblick bekommen. Das wäre, wie wenn ein Kartenspieler dem Gegner die Karten zeige. Stimmen Sie zu?

GRISS: Das hat etwas für sich. Im Zivilverfahren ist es immer die taktische Überlegung jeder Partei, was sie vorbringt und was nicht. Es liegt im Wesen eines Zivilprozesses, dass eine Partei sagt: Ich will nicht, dass der andere alles weiß. Das ist nichts Unanständiges, das gehört zu den Spielregeln. Das ist nicht mehr möglich, wenn man bei einem anderen Verfahren alles offenlegen muss.

Sie meinen bei einem U-Ausschuss?

GRISS: Ja, ein U-Ausschuss hat ja nur einen Sinn, wenn er wirklich alles untersucht und dort alles offengelegt wird.

Sie sagten, Sie hätten das Für und Wider abgewogen. Was hat dagegengesprochen?

GRISS: Dass in so einer Situation, in der so viele Menschen einen U-Ausschuss fordern, eine Untersuchungskommission als eine Flucht nach vorne gesehen werden könnte, als Ausweg, der in Wirklichkeit nur gegangen wird, um das andere abzuwenden. Ich will nicht bei einer Aktion mittun, die eine Art Feigenblattcharakter hat. Warum sollte ich das machen? Ich will meine Zeit nur für etwas verwenden, was sinnvoll ist und dazu führt, dass ich einen Beitrag leisten kann, aber nicht bei etwas mittun, wo der Zweck nur darin liegt, etwas anderes zu verhindern.

Zwangsläufig sind Sie nun aber die Beruhigungspille der Regierung, um Druck aus der Online-Petition zu nehmen.

GRISS: Das ist durchaus denkbar, es wird an der Untersuchungskommission liegen, diese Vorbehalte zu entkräften und durch eine gründliche Arbeit zu zeigen, dass es darum geht, wirklich herauszufinden, was die Ursachen für diese Katastrophe waren.

Was soll denn ganz konkret untersucht werden? Die Haftungen, die Notverstaatlichung?

GRISS: Die Notverstaatlichung ist natürlich der Ausgangspunkt, weil sie dazu geführt hat, dass wir heute in dieser Situation sind. Es ist daher wichtig, herauszufinden, ob sie tatsächlich notwendig war und welche Erwägungen letztlich dazu geführt haben.

Wie haben Sie bislang als unbeteiligte Beobachterin die Vorgänge rund um die Hypo und die Spekulationen, dass die Notverstaatlichung vom damaligen Finanzminister Pröll im Interesse einer österreichischen Bank gemacht wurde, verfolgt?

GRISS: Ich habe es verfolgt wie jeder andere Bürger auch. Was von den Vorwürfen berechtigt ist, kann ich nicht beurteilen. Das wird jetzt unsere Aufgabe sein.

Haben Sie Bedingungen gestellt?

GRISS: Ja - dass ich völlig freie Hand habe. Ich höre sofort auf, wenn ich behindert werde.