Nachdem vor wenigen Wochen der Spatenstich für einen Elektrolichtbogenofen am Standort Donawitz gesetzt wurde, war es am Dienstag auch in der voestalpine-Zentrale in Linz soweit: Hier soll ein weiterer - deutlich größerer - um rund eine Milliarde Euro entstehen. Die beiden Bauprojekte sind die erste Etappe der bis 2050 geplanten schrittweisen Umstellung der Stahlproduktion auf CO₂-neutral.

Die voestalpine betreibt derzeit fünf Hochöfen, drei in Linz und zwei in Donawitz. Die beiden Elektrolichtbogenöfen (electric arc furnace, EAF), die nun errichtet werden, sollen 2027 in Betrieb gehen und dann rund 30 Prozent der CO2-Emissionen der voestalpine einsparen - das sind knapp 4 Mio. Tonnen Kohlendioxid bzw. fast 5 Prozent der jährlichen Emissionen Österreichs. Grund genug für voestalpine-CEO Herbert Eibensteiner, vom "größten Klimaschutzprogramm" der Republik zu sprechen. "Wir bekennen uns zu den Pariser Klimazielen", betonte der voestalpine-Chef.

2030 werden weitere Hochöfen abgelöst

2030 sollen zwei weitere Hochöfen abgelöst werden - einer in Linz wird auf Elektro umgestellt, einer in Donawitz stillgelegt - und bis 2050 auch der letzte in Linz. 2050 will man dann klimaneutral produzieren können. Voraussetzung dafür, dass die Emissionsrechnung aufgeht, ist, dass die Elektro-Hochöfen mit Grünem Strom betrieben werden.

Der Elektroofen in Donawitz soll im Vollbetrieb jährlich rund 850.000 Tonnen CO₂-reduzierten Stahl produzieren, jener in Linz 1,6 Millionen Tonnen. Proportional dazu verhalten sich die Kosten der beiden Anlagen: Jene in Donawitz ist mit einer knappen halben Milliarde Euro veranschlagt, jene in Linz mit einer Milliarde Euro. Eibensteiner rechnet mit einem "mittleren bis höheren zweistelligen Millionenbetrag" an Förderung des Bundes.

An zwei Hebeln ansetzen

Um die Stahlerzeugung "grün" zu machen, muss man an zwei Hebeln ansetzen: Zum einen beim Energiebedarf, indem man fossile Brennstoffe durch Strom aus erneuerbaren Quellen ersetzt, zum anderen durch Änderungen im Prozess selbst. Denn beim klassischen Hochofen mit LD-Verfahren (Linz-Donawitz-Verfahren, Anm.) werden Kohle und Koks als Reduktionsmittel verwendet, wodurch ebenfalls CO₂ entweicht. Im Elektrolichtbogenofen kommt stattdessen ein Mix aus Schrott, flüssigem Roheisen und sogenanntem HBI (Hot Briquetted Iron) zum Einsatz.

Das nun gestartete Bauprojekt umfasst daher neben dem eigentlichen Elektrolichtbogen auch eine Schrotthalle. Zudem werden eine ca. 750 Meter lange Förderbandbrücke errichtet, Lagergebäude verlegt, neue Fahrwege errichtet. Zur Energieversorgung wurden bereits zwei Umspannwerke gebaut. Die neue 220kV-Stromleitung versorgt die Anlage durch einen - zu Kühlungszwecken mit Grundwasser gefluteten - Mikrotunnel in rund 25 Metern Tiefe mit Strom. "Eine Grundvoraussetzung für den Betrieb der Anlagen ist die ausreichende Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Quellen zu wirtschaftlich darstellbaren Preisen" sowie eine entsprechende Netzinfrastruktur, betonte Hubert Zajicek, Mitglied des voestalpine-Vorstands und Leiter der Steel Division. Auch Eibensteiner betonte: "Wir fordern, in die Netzinfrastruktur zu investieren."

Voestalpine investiert in Pilotprojekte

Um wirklich auf Null-CO2 zu kommen, forscht die voestalpine aber noch an mehreren neuen Verfahren und investiert in Pilotprojekte. Auch Wasserstoff wird hier wohl in Zukunft eine Rolle spielen. Als ersten Schritt bietet die Steel Division alle Flachstahlprodukte bereits jetzt wahlweise in einer CO₂-reduzierten "greentec steel"-Edition an. Eibensteiner erwartet, dass der "Grüne Stahl" auch konkurrenzfähig sein wird. "Wenn sich ein grüner Stahlmarkt gebildet hat, gehen wir davon aus, dass es auch Nachfrage nach Green Premium geben wird", erwartet er, auch wenn er keine Zahlen zu Preisen nennen will.

Laut einer Studie des Industriewissenschaftlichen Institutes vom September 2023 sichere die Bauphase der beiden Elektrolichtbogenöfen rund 9000 Arbeitsplätze in Österreich und generiere eine österreichweite Wertschöpfung von 767 Millionen Euro.