Das EU-Lieferkettengesetz ("Corporate Sustainability Due Diligence Directive") will Menschenrechte und Umweltschutz entlang globaler Lieferketten stärken und Unternehmen in die Pflicht nehmen. Ein Ergebnis der sogenannten Trilogverhandlungen soll vor der EU-Wahl kommenden Juni erzielt werden. Arbeitnehmende im globalen Süden sollen profitieren, schlussendlich aber auch die Wirtschaft in Europa, zeigt eine von der AK Wien bei der Fachhochschule des BFI Wien beauftragte Studie. Darin heißt es: "Je stärker das EU-Lieferkettengesetz ausgestaltet ist, desto eher führt es zu Wohlstandsgewinnen im globalen Süden und zu besseren Arbeitsbedingungen."

Auch kleinere Unternehmen in die Pflicht nehmen

Das Europaparlament und die Arbeiterkammer wollen, dass das Gesetz für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern und 40 Mio. Euro Netto-Jahresumsatz gilt. Die Kommission steht für einen Geltungsbereich ab 500 Mitarbeitern und 150 Mio. Euro Umsatz. Nur in sogenannten Risikosektoren – Landwirtschaft, Rohstoffsektor und Textilbranche – solle das Gesetz für Unternehmen jener Größe gelten, wie es das Parlament generell fordert. Kommission und Rat, also die Mitgliedsstaaten respektive deren Wirtschaftsministerinnen, sind zudem im Gegensatz zum EU-Abgeordnetenhaus gegen eine Klimasorgfaltspflicht im Gesetz. Die Kommission sehe keine durchgehende Beteiligung von Gewerkschaften oder Arbeitnehmervertretern vor, was aus Sicht der AK unbedingt erforderlich wäre, so Bruckner.

Strafen gegen Verstöße

Grundsätzlich sollen große Unternehmen dazu verpflichtet werden, die Einhaltung von Menschen- und damit Arbeitnehmerrechte sowie Umweltauflagen entlang der Lieferkette für alle Produkte und Dienstleistungen zu überprüfen. Staatliche Behörden und Zivilklagen von Betroffenen sind vorgesehen, um gegen negative Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten vorzugehen. Die Höhe etwaiger Strafen für Verstöße ist noch offen, BFI-Studienautor Johannes Jäger plädierte vor Journalistinnen und Journalisten für möglichst hohe, denn wie beispielsweise im Verkehr wirkten höhere Strafen besser gegen Verstöße.

Ökonomie und Ökologie

Jäger erläuterte etwa, dass weniger Ausbeutung von Menschen und Umweltzerstörung insgesamt negative ökonomische Effekte minimierten und so die gesamte Wirtschaft, auch jene in Europa, profitieren werde. Es werde ein sogenanntes Level playing field geschaffen, also gleiche Regeln für alle. Das Gesetz soll schließlich nicht nur für europäische Firmen gelten, sondern für alle Unternehmen, die mit dem europäischen Markt in Interaktion stehen. So erfolge auch ein Ausgleich zwischen schon jetzt vorbildlich agierenden Unternehmen und vielen schwarzen Schafen.

Wirkung im globalen Süden

"Das Gesetz wird dazu führen, dass in vielen Ländern und Betrieben außerhalb der EU und speziell im Globalen Süden die Menschenrechte vermehrt eingehalten werden", sagte Jäger. "Auf europäischer Ebene wird man davon profitieren, dass Sozialdumping woanders schwieriger wird." Insgesamt könne die Produktivität steigen. Die administrativen Kosten für Unternehmen hingegen seien minimal.

Initiative Kochers gefordert

Dahingehend kritisierte die AK am Dienstag einmal mehr die Bundesregierung und speziell den zuständigen Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). Zuletzt habe er sich bei der Abstimmung enthalten. Gefordert sei aber, dass man sich "endlich auf EU-Ebene konstruktiv einbringt", so Bruckner. Jäger: "Weiter auf den Markt und Freiwilligkeit zu setzen, wäre falsch. Es hat sich gezeigt, dass das bisher nur teilweise funktioniert hat. Nur ein kleiner Teil der Unternehmen überprüft auf freiwilliger Grundlage die Lieferketten im Hinblick auf Menschenrechte und Umweltschutz."