Die Weltwirtschaft wird nach Einschätzung der OECD auch nächstes Jahr noch schwächeln und die Inflation weiterhin hoch bleiben. Die globale Wirtschaftsleistung dürfte demnach dieses Jahr um 3,0 Prozent zulegen, 2024 aber nur noch um 2,7 Prozent, teilte die Industriestaaten-Organisation am Dienstag mit. 2022 waren es noch 3,3 Prozent. Die Prognose für 2023 wurde um 0,3 Prozentpunkte erhöht, die für 2024 um 0,2 Zähler gesenkt.
Ein wichtiger Grund für die schwachen Aussichten sind die Zinserhöhungen der Notenbanken, um die Inflation unter Kontrolle zu bekommen. Hohe Zinsen führen in der Regel zu weniger Investitionen, weil Finanzierungen schwieriger werden. In Deutschland ist dies derzeit in der Baubranche gut zu beobachten.
Deutschland und Argentinien
Außer Deutschland dürfte dieses Jahr nur das chronisch schuldengeplagte und auf internationale Finanzhilfen angewiesene Argentinien noch schrumpfen. Alle anderen großen Industriestaaten wachsen dagegen, auch das von umfangreichen Sanktionen belegte Russland. So schätzen die OECD-Experten, dass die deutsche Wirtschaft dieses Jahr um 0,2 Prozent zurückgeht. Im Juni wurde noch eine Stagnation für möglich gehalten. 2024 dürfte es dann für ein Wachstum von 0,9 Prozent reichen, weniger als bisher erwartet. Deutschland war lange besonders stark abhängig von günstigen Energielieferungen aus Russland, die seit dem Krieg in der Ukraine weitgehend weggefallen sind.
Die Notenbanken sollten laut OECD Kurs halten, bis es klare Anzeichen dafür gibt, dass der Preisdruck nachhaltig gewichen ist. Davon kann aber noch nicht die Rede sein. So rechnen die Experten dieses Jahr im Euroraum mit einer Teuerung von 5,5 Prozent und von 6,1 Prozent in Deutschland. 2024 dürften es dann jeweils 3,0 Prozent sein. Die Europäische Zentralbank strebt allerdings als optimale Rate für die Wirtschaft zwei Prozent an. Für die USA, die früher mit Zinserhöhungen begonnen haben, werden Werte von 3,8 und 2,6 Prozent erwartet.
Riesige regionale Unterschiede bei der Inflation
Die Inflation werde weiterhin stark von den Energiepreisen beeinflusst, in den vergangenen Monaten habe sich deswegen die Lage etwas entspannt, so die OECD. Allerdings gebe es regional riesige Unterschiede – in China Werte nahe null Prozent, dagegen über 50 Prozent in der Türkei und sogar über 100 Prozent in Argentinien. Außerdem nehme die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel langsamer ab.
China hat zwar nach wie vor deutlich überdurchschnittliche Wachstumsraten – mit 5,1 Prozent 2023 und 4,6 Prozent 2024. Allerdings wurden die Schätzungen klar gesenkt. Eine womöglich noch stärkere Abkühlung in China ist ein Hauptrisiko für die Weltwirtschaft, wie die OECD betonte. "Hohe Schulden und der schwächelnde Immobiliensektor sind bedeutende Herausforderungen." Zudem erhole sich der dortige Konsum trotz Wiedereröffnung der Wirtschaft nach der strengen Corona-Politik nur allmählich.
US-Wirtschaft zeigt sich robust
Eine wichtige Stütze der Weltwirtschaft sind dagegen die USA. Hier wurden die OECD-Prognosen deutlich angehoben. Die weltgrößte Volkswirtschaft dürfte demnach 2023 um 2,2 Prozent und 2024 um 1,3 Prozent zulegen. Überraschend gute Entwicklungen habe es zuletzt in Brasilien, Indien und Südafrika gegeben. Der Euroraum wird laut OECD dieses Jahr um 0,6 Prozent wachsen, angetrieben von Spanien und Frankreich. 2024 dürfte es in der Eurozone dann ein Plus von 1,1 Prozent geben. Für Russland werden Wachstumsraten von 0,8 und 0,9 Prozent prognostiziert – statt bisher einer jeweils schrumpfenden Wirtschaft.