Der durch die verschärften Kreditvergaben und hohen Zinsen eingebrochene Markt des Ein- und Zweifamilienwohnbaus tangiert Österreichs größten Baukonzern Porr nicht wirklich. "Industrie und Gewerbe investieren wieder, und zwar großvolumig", sagt Konzernchef Karl-Heinz Strauss, der die Weltwirtschaft am Beginn einer Erholungsphase sieht.

Das Baulos H53 des Brenner Basistunnels, der Bau eines großen Krankenhauses in Wrocław (Polen) und das Projekt SuedLink Elbquerung, bei dem die Elbe untertunnelt wird, um Windstrom durchzuleiten, sind nur drei der vielen aktuellen lukrativen Porr-Großprojekte, worunter auch Wolkenkratzer-Renovierungen, Brückenbauten, Autobahnbauten und der Bau eines Teilchenbeschleunigers (in Darmstadt) sind.

Reconstructing, also Neubauten von bestehenden Gebäuden, nimmt stark zu. Ebenso das Geschäftsfeld energetische Renovierung und Dämmung (zunehmend gegen Wärme). Investitionsbedarf und somit Auftragschancen sieht die Porr in den zum Teil stark veralterten Wasserleitungen und Straßen in Österreich. "Wird eine Straße drei Jahre lang nicht serviciert, ist sie kaputt", so Strauss. Tätigkeitsfelder sind auch der Breitbandausbau und der Tunnelbau - beim Koralmtunnel ist die Porr Auftragnehmer auf Kärntner Seite.

"Möglichst viel selber machen"

Der Wert der Neuaufträge in der ersten Jahreshälfte beträgt 3,8 Milliarden Euro – ein 25-prozentiges Plus gegenüber dem Vorjahr. Die Produktionsleistung stieg im gleichen Zeitraum um neun Prozent auf drei Milliarden Euro. Der Umsatz stieg um elf Prozent auf 2,9 Milliarden Euro. Je komplizierter das Baulos, desto besser für uns", sagt Strauss. Rosinenpicken nennt er dieses Bemühen. Bei der Wahl der Aufträge geht es nicht nur um die Bonität des Kunden, sondern auch darum, möglichst viel selbst machen zu können und keine Schnittstellen zu haben. Von Abbruch bis Aushub, von Baugrube bis Fundament.

Der Fokus der Porr liegt auf ihren sieben europäischen Heimmärkten Österreich, Deutschland, Polen, Tschechien, Slowakei, Rumänien und der Schweiz. Dort erzielt sie 97 Prozent ihrer Produktionsleistung. Der größte Markt ist Österreich mit einem Anteil von knapp 45 Prozent.

Daneben ist der Konzern in Projektmärkten wie Katar, Norwegen oder Großbritannien tätig. Aber Bauen sei generell "People Business und Local Business", sagt Strauss.

"Legale Migration fördern"

Porr-Niederlassungsleiter Michael Kotomisky: "Die Attraktivität des Berufes steigt"
Porr-Niederlassungsleiter Michael Kotomisky: "Die Attraktivität des Berufes steigt" © Markus Traussnig

Das Employer Branding hat Porr komplett neu aufgestellt. Und trotzdem reicht das nicht. "Wir gehen bei der Mitarbeitersuche zunehmend aus Europa hinaus. Nachdem sie ein Assessmentcenter durchlaufen haben, haben 300 Inderinnen und Inder bei uns in Rumänien angeheuert und 200 in der Slowakei und in Tschechien", sagt Strauss. "In Österreich ist das noch nicht möglich. Aber das ist nur eine Frage der Zeit."

Überhaupt erneuert der Manager des 20.000 Mitarbeiter-Konzerns (10.000 davon in Österreich) seine Forderung nach Förderung von legaler Migration. Das Land solle diesbezüglich - so wie in Gastronomie oder Pflege - einen "aktiven Weg" einschlagen, "sonst werden Produktion und Leistung sinken und die Verarmung wird zunehmen".

Kann ein Baukonzern nachhaltig sein? "Als reine Baufirma sind wir – das belegen Ratings – das nachhaltigste Bauunternehmen Europas", so Strauss. Das gelte es, aufrechtzuerhalten. Abfallmanagement und Recyclingmengen werden immer wichtiger. In Österreich werden bei der Porr zwei Millionen Tonnen Baustoffe im Jahr recycelt. Und der Konzern sponsert sogar Bienenstöcke unter dem Schlagwort "bee@Porr".