Irland überlegt, 200.000 Rinder zu keulen, also zu schlachten, um die Klimabilanz zu verbessern. Österreich könnte das auch. Oder die Landwirtschaft überhaupt abdrehen. "Österreichs Landwirtschaft verursacht elf Prozent aller Treibhausgase im Land. Wenn wir die Landwirtschaft abschaffen, dann sind diese elf Prozent weg. Es wäre eine Verbesserung der Klimabilanz. Doch für das Weltklima entstünde damit ein großer Schaden, weil wir vom Ei bis zum Erdäpfel alles importieren müssten." Hannes Royer, Gründer von "Land schafft Leben", bringt in einem – freilich nicht ganz realistischen – Gedankenexperiment zwei Dinge zum Vorschein. Die Sache ist komplex und man stößt ständig auf sogenannte "Zielkonflikte".

Klimakiller Nr. 1?!

In einem aktuellen Report, der gestern vom Verein präsentiert und in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur, der HBLFA Raumberg und des Wifo-Institutes erstellt wurde, geht es also um Differenzierung. Und die Frage: Wie können wir Österreichs Landwirtschaft klimafreundlich betreiben und wie können Konsumentinnen und Konsumenten am besten entscheiden, was sie wann kaufen sollen?

Die beiden Gründer, Maria Fanninger und Hannes Royer, präsentierten gestern den neuen Report zu Klima, Ernährung und Landwirtschaft
Die beiden Gründer, Maria Fanninger und Hannes Royer, präsentierten gestern den neuen Report zu Klima, Ernährung und Landwirtschaft © Barbara Haas


Da wäre etwa die Kuh als Klimakiller Nummer eins. Das stimmt, wenn man es global betrachtet. 15.000 Liter Wasser verbraucht die Produktion eines einzigen Kilogramms Rindfleisch. Das ist viel. In Österreich allerdings verbraucht sie nur ein paar Hundert Liter Wasser je Kilogramm. Das hat mit den vergleichsweise hohen Niederschlägen zu tun. Bleibt das gefährliche Methangas, welches Kühe rülpsen und pupsen. Methan ist für das Klima zehn- bis 20-mal schlimmer als CO2. Andererseits ist gerade die österreichische Landschaft von vielen Grünflächen geprägt, die anders schwer nutzbar wären. Und die auch Kohlenstoff speichern, speziell, wenn sie von Rindern gut abgegrast werden. "Außerdem sind wir zudem auch eine Tourismusregion und wir sorgen mit der Viehwirtschaft auch dafür, dass dieser wirtschaftliche Faktor lebendig bleibt", so Royer. Ein weiterer Zielkonflikt ist die Mischung aus einer besseren Klimabilanz mit sehr günstigen Lebensmitteln. "Der Zuchtstier in Niederösterreich etwa frisst quasi Regenwald über die Zugabe von Soja, das importiert wird, aber es ist günstiges Fleisch, und das Soja wird nicht in die heimische Klimabilanz gerechnet, während Mutter-Kuh-Haltung sogar weniger klimaeffizient sein kann."
Doch nicht nur Fleisch, auch die Gemüseproduktion ist differenziert zu sehen. Maria Fanninger, Co-Gründerin von "Land schafft Leben", skizziert: "Wenn Tomaten nicht saisonal konsumiert, sondern auch im Winter gewollt werden, dann stammen sie sehr oft aus Spanien. Und dort verbrauchen sie viel Wasser, Energie und Transportkosten." Besonders tragisch sei es, wenn Tomaten in ihrer natürlichen Saison dann gar keinen Absatz mehr finden, wie 2022 in der Steiermark passiert. "Hier landeten 500 Tonnen Tomaten direkt in der Biogasanlage, weil sie keiner haben wollte."


Ein Punkt, an dem Fanninger ansetzt, ist der Blick auf den Überkonsum. "Weltweit entstehen zehn Prozent der Treibhausgase, weil Lebensmittel weggeworfen werden. Wären diese Produkte gar nie hergestellt worden, hätten wir zehn Prozent weniger Belastung. Hier sprechen wir nicht von Verzicht, sondern nur von einer Mäßigung im Einkauf." Eine Zahl dazu: In Österreich werden jährlich pro Haushalt Lebensmittel im Wert von 800 Euro in den Mist geworfen.
Der Report beschreibt, dass Österreich in manchen Bereichen, wie beim Rind oder der Milch, klimaschonender als andere EU-Länder produzieren könne, doch am Ziel sei man noch lange nicht.