Der Umbau der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz verändert bestehende Berufsbilder, lässt neue entstehen und bietet Chancen für Arbeitslose. Denn für die Bewältigung der Klimakrise werden nicht nur hoch qualifizierte Arbeitskräfte benötigt, sondern auch solche mit niedriger und mittlerer formaler Qualifikation. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO und des abif im Auftrag des Arbeitsmarktservice (AMS).

"Das Abwenden von einer linearen Wirtschaft, in der Rohstoffe verbraucht, Produkte genutzt und dann weggeworfen werden, hin zu einer, in der die Materialien möglichst lange im Kreislauf gehalten werden, kann Beschäftigungschancen für erwerbsferne Personen bringen", sagte Andrea Egger, Sozialforscherin bei dem laut Eigenangaben unabhängigen Institut für angewandte Sozialforschung und Beratung abif (analyse. beratung. interdisziplinäre forschung.), am Donnerstag bei der Studienpräsentation. So eröffne die Kreislaufwirtschaft viele Beschäftigungsmöglichkeiten, etwa beim Recycling und beim Abfallmanagement. Auch im Bereich der Grünraumpflege in den Städten entstünden neue Jobs für Menschen mit Vermittlungshemmnissen.

Vorausschauende Arbeitsmarktpolitik und mehr Geld

Nach Ansicht von AMS-Vorstand Johannes Kopf müssten Klima- und Arbeitsmarktpolitik stärker verzahnt und gemeinsam gedacht werden. "Die Mehrheit unserer Jobs sind noch nicht klimaneutral. Da braucht es Qualifizierung, da braucht es Antworten in der Ausbildung der Beschäftigten und in der Frage, wie wir mit klimaschädlichen Berufen umgehen. Für all das braucht es vorausschauende Arbeitsmarktpolitik und mehr Geld", so Kopf in Richtung Politik. Ansonsten könne die Bekämpfung des Klimawandels auch daran scheitern, "dass wir nicht genügend Leute haben werden, die Solaranlagen aufs Dach schrauben".

"Es gibt bereits einen großen Bedarf an Arbeits- und Fachkräften in klimarelevanten Berufen und er wird weiter steigen", sagte die neue AMS-Vorständin Petra Draxl. Im Jahr 2022 wurden rund 8000 Personen durch Maßnahmen des AMS für klimarelevante Jobs qualifiziert. Das AMS will sich künftig noch stärker auf Qualifizierungsmaßnahmen im Nachhaltigkeitsbereich fokussieren. Neben den klassischen Schulungsmaßnahmen gibt es seit dem vergangenen Jahr die Umweltstiftung. Für die Umweltstiftung stehen von der öffentlichen Hand zehn Millionen Euro für drei Jahre zur Verfügung. Das Geld soll Kosten für Qualifizierung, Weiterbildung und Coaching finanzieren und damit die Ausbildungskosten für Betriebe senken.

200.000 Menschen in Green Jobs

Zuletzt arbeiteten in Österreich laut Statistik Austria knapp 200.000 Menschen in Green Jobs. Expertenschätzungen zufolge werden bis 2030 bis zu 100.000 weitere Umweltfachkräfte benötigt, unter anderem für den Heizungstausch, die Gebäudesanierung oder den Erneuerbaren-Ausbau. Dies spiegelt sich auch in den Zahlen des AMS wider. Wurden dem AMS im Jahresdurchschnitt 2013 noch 3360 offene Stellen in klimarelevanten Berufen gemeldet, waren es 2022 bereits über 14.000. Der Anteil der Klimaberufe an allen offenen Stellen beim AMS lag bei 12,5 Prozent. Besonders groß ist der Arbeitskräftemangel laut Arbeitsministerium in den Bereichen Photovoltaiktechnik und Elektrotechnik.

Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) begrüßte die Initiative des AMS, Arbeitslose verstärkt in Richtung Green Jobs umzuschulen. "Egal ob Elektrotechniker:innen, Installateur:innen oder Gebäudetechniker:innen – diese Jobs sind schon jetzt sehr gefragt und wir werden sie für die Energiewende in den nächsten Jahren noch verstärkt brauchen", sagte Rolf Gleißner, Leiter der Abteilung für WKÖ-Sozialpolitik. Nun gelte es, das Potenzial der Arbeitssuchenden bestmöglich zu nutzen, um einen Beitrag zur Linderung des Arbeitskräftemangels zu leisten.

Neue Fördermodelle für soziale Unternehmen gefordert

Das Netzwerk "arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich" nahm das Thema zum Anlass, um neue Fördermodelle für soziale Unternehmen in der Kreislaufwirtschaft zu fordern. Um die Arbeitsmarktpolitik mit Nachhaltigkeitspolitik zu verschränken, brauche es zusätzliche Mittel aus dem Klimaschutzministerium, hieß es in der Aussendung.