Ein Geschäft Jahr für Jahr um fast ein Drittel auszubauen, das wird mit jedem Erfolg herausfordernder. In den vergangenen Jahren war das Intact aus Lebring immer gelungen. Waren es vor Kurzem 90 Mitarbeiter, sind es jetzt schon hundert, die kräftig an diesem Wachstum arbeiten. In der Nische, in der Intact weltweit unterwegs ist, sind die Südsteirer eine ganz große Nummer, nämlich Weltmarktführer. Ihre hoch spezialisierte Software für Zertifizierungen macht nicht nur Lebensmittel sicherer oder schützt vor Betrug, Intact sorgt auch bei anderen zentralen Zertifizierungsstellen etwa für Zehntausende Flugzeugteile, die weltweit verbaut werden, für Zuverlässigkeit und Ordnung im System.

Die vier Gründer haben die Landwirtschaft als beruflichen Hintergrund. Thomas Lorber studierte in den 1990er-Jahren an der Universität für Bodenkultur. Einige Lebensmittelskandale warfen damals viele Fragen zu systemischen Lücken in Herstell- und Kontrollprozessen auf. "Unser Ziel war eine transparente Lebensmittelproduktion", erzählt Lorber über die Anfänge des Gründer-Quartetts. "Unsere ersten Projekte haben wir damals sehr erfolgreich mit Schirnhofer gemacht", erinnert sich der Intact-Chef.

Intact-Software für MSC-Siegel für Fische

"Es gibt in der Lebensmittelindustrie noch immer viele Interessen, nicht transparent zu sein", sagt Lorber. Gütesiegel waren in den vergangenen Jahren die wichtigste Möglichkeit, sich von zweifelhaften Methoden abzugrenzen. Wenn heute Kaffee oder Schokolade mit Fairtrade-Siegel verkauft werden, dann funktionieren die aufwendigen Prozesse dahinter mit Software der Steirer. Auch die Einhaltung der Auflagen für das MSC-Siegel für Fische wird über Intact-Software kontrolliert. Beide Siegel setzen hohe, neue Standards, an denen sich ganze Industrien messen lassen müssen. Intacts jüngster Großkunde im Lebensmittelbereich ist Ende 2022 mit der staatlichen Lebensmitteluntersuchungsstelle Neuseelands, AsureQuality, dazugekommen.

Partnerschaft mit KI-Spezialist Crayon

Künstliche Intelligenz (KI) wird Lorber zufolge jetzt allerdings ganz neue Möglichkeiten eröffnen, Schwachstellen in den Zertifizierungsprozessen aufzuspüren. Dafür hat sich Intact vor einigen Monaten strategisch neu aufgestellt: Eine Partnerschaft mit dem norwegischen Softwarekonzern Crayon soll die Intact Software so erweitern, dass bei Audits künftig der digitale Assistent gefragt werden kann, wo in diesem spezifischen Kontrollprozess Problempunkte stecken könnten. "Dabei geht es technisch gesehen um die Anwendung von ChatGPT-Modellen, zugeschnitten und hingetrimmt auf die TIC-Industry", erklärt Lorber. TIC steht für Testing, Inspecting und Certification. 

"Das wird die Arbeitsweise auch dieser Industrie maßgeblich verändern", so Lorber. "Die Künstliche Intelligenz wird dann ein wertvolles, unterstützendes Werkzeug sein. Sie kann sagen, wie das Audit eines bestimmten Betriebs zu bewerten ist." Weil die starken Preisschübe in der Lebensmittelindustrie jetzt Effizienzprozesse weiter antreiben dürften, arbeitet Intact mit Hochdruck an diesem Assistenten. "Wir sehen da ein Riesenpotenzial", erklärt er. Derzeit muss nämlich noch jedes Audit – also Prüfungsprotokoll – noch von einem Reviewer begutachtet werden, um dem Vier-Augen-Prinzip zu entsprechen. "Die Entscheidungen wird dann immer noch der Mensch treffen", betont Lorber. "Aber die KI kann ihm sagen, schaut dort genauer hin." 

"Wir kratzen gerade erst an der Oberfläche"

Lorber: "Wir kratzen gerade erst an der Oberfläche, was die Digitalisierung in dieser Branche angeht. Diese Industrie startet bei einem Niveau, das noch sehr basic ist, wo es noch sehr viel Luft nach oben gibt, auch mit dem, was wir jetzt schon tun. Darauf aufbauend kommen noch die Themen Data-Business und AI (Artificial Intelligence, Künstliche Intelligenz) dazu. Wir sehen noch viel Platz, um weiterzuwachsen."

Bis 2025 will Intact in die Richtung von 25 Millionen Euro Umsatz kommen. Die Hälfte des Unternehmens gehört seit 2018 einem kleinen Investmenthaus aus Deutschland. Die miteinander befreundeten Gründer sind dabei alle an Bord geblieben, man habe aber mit dieser Entscheidung den aktuellen Wachstumsschub erst ermöglicht, weil das Unternehmen auf breitere Füße gestellt worden sei. Geld habe man damals nicht gebraucht. Lorber: "Wir konnten immer alles aus dem eigenen Cashflow finanzieren." Der Umsatz stieg seither von 3,8 auf 13 Millionen Euro.