Die Kreditschützer haben seit Jahren vor durch Covid-Hilfen verschleppten Insolvenzen gewarnt, nun schlagen sie sich in der Statistik nieder. Im ersten Halbjahr 2023 waren laut aktueller KSV1870 Insolvenzhochrechnung 186 Kärntner Unternehmen von einer Insolvenz betroffen. "Das sind um 62 Prozent mehr gegenüber dem Jahr 2022", sagt Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 Standortes in Klagenfurt. Damit verzeichnet Kärnten den größten Zuwachs in Österreich. Denn im österreichweiten Durchschnitt sind die Unternehmensinsolvenzen nur um elf Prozent gestiegen.

Als alarmierend schätzt die Kreditschützerin die hohe Anzahl der Verfahren, die mangels Vermögen abgewiesen wurden, ein. "Die Zahl der Abweisungen hat sich gegenüber 2022 um 82 Prozent auf 109 erhöht", sagt Wiesler-Hofer. Dadurch sei der Schaden umso größer. Denn jede Insolvenz ohne Verfahren bedeute keine geordnete Aufnahme der Schulden, keine Prüfung auf Anfechtbarkeiten und größere Ausfälle für Gläubiger. Der Schaden entsteht vornehmlich der öffentlichen Hand wie der Sozialversicherung, aber auch Arbeitnehmern. Der KSV1870 plädiert daher dafür, dass künftig auch mangels Vermögen abgewiesene Fälle eröffnet werden.

4,14 Millionen Euro Schulden

Von den Pleiten waren vor allem Betriebe aus den Branchen Bauwirtschaft, Handel und Gastronomie betroffen. Die bislang drei größten Insolvenzfälle des Jahres in Kärnten betreffen die GHL Vertriebs GmbH (Konkurs) aus Treibach-Althofen mit Passiva von 4,14 Millionen Euro, die Kapeller Naturholz Manufaktur GmbH (Konkurs) aus Feistritz mit Passiva von 1,85 Millionen Euro und die RH-Tech plant construction GmbH (Sanierungsverfahren) aus Poggersdorf mit Schulden von 1,38 Millionen Euro. Wiesler-Hofer erwartet, dass im dritten und vierten Quartal noch einige Eröffnungen folgen werden. Es seien "Nachholeffekte aus Krisenzeiten". Eine Insolvenzwelle schließt die Expertin aber aus.

24 Prozent mehr Privatkonkurse

Auch bei den Privatkonkursen verzeichnete Kärnten Zuwächse. Im ersten Halbjahr wurden 362 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, das ist ein Plus von mehr als 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Passiva sind um 17,5 Prozent auf 33 Millionen Euro gesunken. Das bedeutet, dass Kärntnerinnen und Kärntner mit durchschnittlichen Schulden in der Höhe von 91.200 Euro Konkurs angemeldet haben. Im Bundesländer-Vergleich steht Kärnten auf Platz zwei im Ranking der Steigerungen. In Vorarlberg gab es ein Plus von über 42 Prozent. Die Steiermark verzeichnete ein Minus von 14,5 Prozent bei der Anzahl der Fälle.

Aufgrund der Teuerung haben die Menschen immer weniger finanziellen Spielraum. Daher rechnet Wiesler-Hofer damit, dass die Zahl der Schuldenregulierungsverfahren im Jahresverlauf weiter steigen wird.