Die Fans von Apple warten seit fast zehn Jahren auf das sprichwörtliche "One More Thing", das nächste große Ding. Heute, Montag, ist es so weit. "Eine neue Ära beginnt", kündigte der US-iPhone-Konzern bereits früh am Tag und wenig zurückhaltend auf Twitter an. Wie sich später herausstellte, war damit die Präsentation einer Computer-Brille gemeint, mit der Apple ab sofort den Bereich der sogenannten "Mixed Reality" neu definieren will.

Aber zunächst widmete sich der Konzern zum Beginn seiner großen Entwicklerkonferenz WWDC anderen neuen Technologien. Etwa einem neuen Macbook Air 15", einem neuen Mac Studio und einem neuen Mac Pro. Alle Modelle laufen jetzt auf dem hauseigenen M2-Chip.

Spannend fiel auch der Blick auf das neue iPhone-Betriebssystem iOS 17 aus. Dort wird es künftig eine Voicebox geben, die aufgenommene Anrufe in Echtzeit niederschreibt. Auch empfangene Sprachnachrichten soll man künftig transkribieren können. Womit Apple früh zum Beginn der Keynote klarmachte, dass auch in Cupertino Anwendungen von Künstlicher Intelligenz naturgemäß hohe Priorität genießen.

Tim Cook: "There is one more thing"
Tim Cook: "There is one more thing" © KK

"There is one more thing" hieß es dann nach knapp 90 Minuten von Apple-Boss Tim Cook. Er präsentierte die Computerbrille "Apple Vision Pro", ausgestattet mit 12 Kameras und fünf Sensoren. Als "erstes Apple-Produkt, durch das du blickst und nicht auf das du blickst". Verfügbar wird die Brille "früh im nächsten Jahr" sein.

Schon jetzt ist klar: Gesteuert wird die Apple Vision Pro via Eyetracking, Stimme und Handerkennung. Per Blick navigiert man sich also durch die Menüs. Sind die Augen der Trägerin oder des Trägers von außen prinzipiell nicht sichtbar, ändert sich das, wenn andere Menschen in denselben Raum kommen. Dann werden die eigenen Augen nach außen "projiziert".

Die Apple Vision Pro im Einsatz
Die Apple Vision Pro im Einsatz © KK

23 Millionen Pixel und ein Iris-Scan

Die Umgebung wird dabei – wie auch bei Geräten der Konkurrenz – von Kameras auf dem Gehäuse eingefangen und auf Displays vor den Augen wiedergegeben. Das Display selbst ist ein microOLED-Panel und stellt für jedes Auge mehr Pixel dar als ein 4K-Bildschirm. In Summe werden 23 Millionen Pixel verteilt. Der Akku wird in der Hosentasche getragen, gesichert ist die Brille per Iris-Scan ("Optic ID").

Apple stellte Montagabend zahlreiche potenzielle Anwendungen für die mit 5000 Patenten versehene Brille vor. Ein Schwerpunkt lag auf dem Ansehen von 3D-Filmen, versehen mit 3D-Audio. Disney ist als Kooperationspartner an Bord, der Streamingdienst Disney+ ab "Tag eins" via Vision Pro verfügbar. Auch Microsoft-Anwendungen wie Excel und Powerpoint sollen auf der Vision Pro einwandfrei laufen.

Apple verbaut in der Vision Pro massenhaft Sensorik
Apple verbaut in der Vision Pro massenhaft Sensorik © KK

Die neue Datenbrille soll sich in große Produktinnovationen einreihen, die Apple vom kleinen Computerpionier der 70er-Jahre zu einem der wertvollsten Konzerne der Welt gemacht haben: Macintosh Computer (1984), iMac (1999), iPod (2001), iPhone (2007), iPad (2010) und zuletzt die Apple Watch (2014).

Datenbrillen bisher schwieriges Segment

Der Einstieg in das neue Segment ist für Apple allerdings mit erheblichen unternehmerischen Risiken verbunden. Zum einen ist der Markt für VR- und AR-Quellen bis jetzt nicht besonders groß. Die Marktforscher von IDC gehen davon aus, dass 2023 lediglich zehn Millionen VR- und AR-Headsets abgesetzt werden. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden weltweit über 1,2 Milliarden Smartphones verkauft.

Die Apple Vision Pro
Die Apple Vision Pro © Apple

Dazu kommt, dass Apple gegen Wettbewerber antreten muss, die seit vielen Jahren Erfahrungen mit den Datenbrillen und den dafür notwendigen Anwendungen gesammelt haben. Der US-Facebook-Konzern nahm die geplante virtuelle Bevölkerung des digitalen "Metaverse" sogar zum Anlass, sich in Meta umzubenennen.

3500 Dollar für die Vision Pro

Am Donnerstag vergangener Woche versuchte Meta, dem potenziellen Konkurrenten Apple mit einer eigenen Ankündigung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Meta-Chef Mark Zuckerberg stellte für den Herbst ein neues Modell seiner Quest-Brillen in Aussicht, das dünner und leistungsstärker als vorherige Generationen sein werde. Und während die erste Apple-Brille rund 3500 Dollar kosten soll, wird die "Quest 3" in Deutschland im kommenden Herbst für 570 Euro zu haben sein.

Apple meint, dass man mit der Vision Pro auch gut arbeiten könne
Apple meint, dass man mit der Vision Pro auch gut arbeiten könne © Apple

Zugleich hat Meta mit der Quest Pro auch ein teureres Gerät für 1200 Euro im Markt – und Konkurrent HTC positioniert sein Modell Vive XR Elite für 1400 Euro auch als Mixed-Reality-Headset.

Wettbewerb mit Sony

Bei VR-Spielen wird Apple auch mit dem japanischen Elektronikriesen Sony im Wettbewerb stehen. Die im Februar 2023 von Sony präsentierte VR-Brille PSVR 2 kostet rund 600 Euro und muss mit einem Kabel an die Spielekonsole Playstation 5 angeschlossen werden, die nochmals mit 650 Euro zu Buche schlägt.

Die Details zur Vision Pro im Video:

Die gesamte Apple-Präsentation zum Nachsehen: