Eine stabile und verlässliche Planung sei mittlerweile „nicht einmal mehr auf Monatsbasis möglich“ – dieser Befund ist in Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unternehmern, mit Managerinnen und Managern oder Abteilungsleitern zum Dauerbrenner geworden. Der immer lauter werdende und oft zitierte Ruf nach Planungssicherheit verhalle jedoch nicht erst seit der Coronapandemie ungehört, sagt der Unternehmensberater Jürgen Götzenauer. Und das nicht, „weil man nicht will, sondern weil man schlichtweg nicht kann, willkommen in der BANI-Welt“, so Götzenauer. Den Begriff, eigentlich ein Kürzel, hat der US-amerikanische Zukunftsforscher und Autor Jamais Cascio geprägt. Er fasst damit die dramatischen Veränderungen der letzten Jahre zusammen.

Durch massive Veränderungen wie etwa Pandemie, Krieg, Rohstoffkrise und Inflation sei die Welt brüchiger, ängstlicher, nicht linearer und unverständlicher geworden (oder englisch: brittle, anxious, non-linear, incomprehensible – also BANI). „Diese gravierenden Veränderungen machen eine stabile langfristige Planung in den meisten Unternehmen heutzutage eben schlichtweg unmöglich“, so Götzenauer. Dennoch gebe es Möglichkeiten für Entscheidungsträger, „um in diesem Umfeld trotzdem erfolgreich an strategischen Zukunftsthemen für das Unternehmen und seine Beschäftigten arbeiten zu können“. Diese fünf Punkte nennt Götzenauer, ein Überblick.

1. Vorausschauendes Fahren – Balance zwischen dem Jetzt und der Zukunft.

Die wichtigsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind am Feuerlöschen im Tagesgeschäft. Umso wichtiger ist es also, dass gerade in Krisenzeiten nicht Feuer gelöscht werden müssen, die man vorher selbst gelegt hat. Man muss und sollte schon immer auch ein Gefühl dafür haben, welche Auswirkungen kurzfristige Entscheidungen auf die mittel- und langfristige Zukunft des Unternehmens haben.

2. Das Ohr am Gleis haben – Oder das Licht am Ende des Tunnels.

Eine gute Aufklärung und ein solides Lagebild sind wesentliche Grundlagen, um Entscheidungen zu treffen bzw. Prioritäten richtig zu setzen und die ohnehin knappen Ressourcen bestmöglich und zielgerichtet einzusetzen. Oft ist das Licht am Ende des Tunnels der Zug. Damit man weiß, was auf einen zukommt, ist ein solides Lagebild also unbedingt erforderlich. Gerade in größeren Unternehmen, die ja eher schwergewichtigen Tankern als wendigen Schnellbooten entsprechen.

3 Anaximander hatte recht – Vom Denken in multiplen Szenarien.

Der griechische Philosoph Anaximander war der Erste, der von Paralleluniversen gesprochen hat. Nachdem es keine Planungssicherheit gibt, ist es notwendig, in Szenarien zu denken. Ich sage bewusst nicht planen, sondern denken. Kein schwergewichtiges Planen, aber zumindest die Kernparameter, wesentlichen Einflussfaktoren und deren Auswirkungen sollte man im Blick haben.

4 Kann bitte jemand George Martin holen? – Die Wichtigkeit der Orchestrator-Rolle.

Sir George Martin war der Arrangeur der Beatles. In der Klassik nennt sich diese Rolle „Orchestrator“. Es geht darum, dass es jemanden braucht, der die Fähigkeiten und die Ressourcen hat, die mittel- und langfristige Planung an die jeweils aktuellen Rahmenbedingungen anzupassen. Oftmals versucht man ja, die Wirklichkeit an den Plan anzupassen und wenn das nicht gelingt, einfach sämtliche Pläne über den Haufen zu werfen.

5 Feuer mit Feuer bekämpfen – Oder wie man eine brennende Ölquelle löscht.

Außergewöhnliche Zeiten erfordern oftmals außergewöhnliche Maßnahmen. Stichwort: Disruption. Überdenken Sie, was alles möglich ist, bzw. bis jetzt einfach „nicht gegangen“ ist. Und das ganz gezielt und konkret zu fordern und zu fördern. Gerade die Pandemie hat gezeigt, dass es oftmals notwendig war, kurzfristig sehr außergewöhnliche Maßnahmen zu treffen, um durch den Sturm zu kommen. Hier gilt der alte Spruch: Die Chance in der Krise. Oft erleichtern externe Krisen die Umsetzung radikaler Veränderungen im Unternehmen, die vorher – sozusagen im Schönwetter – nicht möglich waren, weil die Not oder der Druck zu gering und die internen Beharrungskräfte zu groß waren.
Zusammengefasst, so Götzenauer gehe es darum, „über die genannten Faktoren die Resilienz und die Belastbarkeit zu stärken und in der Unternehmenskultur nachhaltig zu verankern“. Dabei sei es wichtig, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei diesen Veränderungen „mitzunehmen, für transparente Kommunikation zu sorgen und auch Emotionen zuzulassen“. Wenn es dann noch gelinge, so Götzenauer, „Veränderungskompetenz aufzubauen, agile Methoden und selbstorganisierte Teams zu etablieren und so von hierarchischen Strukturen hin zu Werten wie Eigenverantwortung, Vertrauen und Wertschätzung zu kommen, ist man auch für die Herausforderungen aufgestellt.“