Buchstäblich händeringend werden derzeit Beschäftigte in vielen Branchen gesucht, aber wohl in keinem Bereich ist die Suche nach Mitarbeitern derart schwierig wie in der IT. Einer aktuellen Studie des Fachverbandes Ubit zufolge fehlen der österreichischen Wirtschaft aktuell bis zu rund 28.000 IT-Fachkräfte. Ein Höchststand.

Wer in diesen Zeiten seinem Telekomunternehmen weniger als vier Prozent Fluktuationsrate im Jahr aufweist und etwa auf 60 Lehrlingsstellen bis zu 1600 Bewerbungen erhält, macht offenbar einiges richtig: Mobilfunk- und Telekombetreiber A1 hat im Personalbereich handfeste Erfolge vorzuweisen. Dahinter stecken teils bekannte HR-Strategien, aber auch neue Wege, die A1 beschreitet, erzählt Personalchef Fred Mahringer.

"Bring a Friend"

Mit "Bring a Friend" etwa etablierte man ein Empfehlungssystem, mit dem ein Drittel der 200 neuen Stellen im Jahr besetzt werden kann. Wer einen Freund oder eine Freundin für eine Beschäftigung empfiehlt (und diese bzw. dieser wird auch angestellt), erhält dafür 1000 Euro Belohnung.
Hohen Stellenwert nimmt die Lehre als Fundament einer Karriere bei A1 ein. 2000 der 6500 Beschäftigten in Österreich (international sind es 18.000) haben zu Beginn ihrer Laufbahn eine Lehre absolviert. 200 Personen sind derzeit in Lehrausbildung bei A1, 60 Stellen werden jedes Jahr frei, allein dafür gebe es eingangs erwähnte 1600 Bewerbungen. "Dabei helfen uns auch die Marke und die Industrie, wir experimentieren bei der Lehrlingssuche auch viel, nutzen etwa TikTok als Recruiting-Instrument."

"Frühzeitig spüren"

Auch Mahringer selbst startete einst als Lehrling – er machte bei der Post die Ausbildung zum Nachrichtenelektroniker. Später folgten Matura und Studium. Hohen Wert legt A1 auf Instrumente zur Mitarbeiterbindung. "Das ist quasi das neue Recruiting, denn es ist viel einfacher, Mitarbeiter zu halten, als neue zu suchen." Dazu würden "interessante Jobs mit Sinn" beitragen, aber auch die Investitionen in die Ausbildung der Führungskräfte. "Unsere Manager haben die Aufgabe, auf die Mitarbeiter zu schauen und frühzeitig zu spüren, was los ist", sagt Mahringer. "So wie in jeder guten Beziehung."

"Employee Experience"

Interne Mobilität sei dem Unternehmen wichtig, es gebe einen eigenen internen Arbeitsmarkt. Auch Mahringer, seit zweieinhalb Jahren für das Personal verantwortlich, habe in verschiedensten Bereichen seine Erfahrungen gesammelt. Daran, Mitarbeiter selbst zu entwickeln, führe kein Weg vorbei. "Topexperten sind schließlich nicht in gewünschter Zahl verfügbar." Die Erfahrung von Kunden mit einem Unternehmen zu verbessern, die sogenannte "Customer Experience", sei heute Normalität, erklärt Mahringer. Bei A1 gehe es um die "Employee Experience", darum, wie ein Mitarbeiter seinen Arbeitgeber wahrnimmt, ob er Freude an der Firma habe.

"Fluch und Segen"

Und kommt es einmal zu Trennungen, seien Exit-Gespräche üblich – mit dem Ziel, "ehrliches Feedback" einzuholen und "Danke zu sagen". Dass die meisten Mitarbeiter lange Zeit im Unternehmen verbringen, sei "Fluch und Segen" gleichermaßen. Denn in der schnelllebigen Telekomindustrie gelte es, Beschäftigte permanent weiterzubilden, "eine Herausforderung", gesteht Mahringer.

"Mini-Sabbaticals"

Homeoffice ist bei A1 unterschiedlich geregelt. Die halbe Belegschaft – etwa Techniker und Shop-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter – müsse vor Ort arbeiten, andere profitieren von Flex-Office-Modellen. Jeder und jede muss demnach mindestens einen Tag pro Woche im Büro anwesend sein. Die Nachfrage nach Teilzeit steige, zwölf Prozent der Belegschaft arbeiten aktuell in Teilzeit. A1 bietet sogenannte "Mini-Sabbaticals" im Ausmaß von einem Monat bis zu einem Jahr an.

Der Versuch, die Viertagewoche bei Technikern einzuführen, setzte sich übrigens nicht durch. Die volle Wochenstunden-Anzahl auf vier statt fünf Tage aufgeteilt erwies sich als zu anstrengend. Und andersrum gehe es eben nicht, meint Mahringer: "Weniger Arbeitszeit zum vollen Lohnausgleich ist ein doppeltes Dilemma: Wer zahlt es – und woher kommen dafür die Leute?"