Laut Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung der Statistik Austria waren im Vorjahr in Österreich 4,4 Millionen Menschen ab 15 Jahren erwerbstätig, das sind um 3,2 Prozent mehr als 2021. Der Anstieg beruht zu fast zwei Dritteln auf Teilzeit. Jede zweite erwerbstätige Frau und jeder achte Mann geben an, auf Teilzeitbasis zu arbeiten. Zwei Drittel der Frauen nennen als Hauptgrund ihre Betreuungsaufgaben (39,5 Prozent) bzw. den Wunsch, nur eine Teilzeittätigkeit auszuüben (26,5 Prozent). Insgesamt lag die Teilzeitquote bei 30,5 Prozent.

Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten stieg konkret um sieben Prozent bzw. 88.900 Personen. Bei den Vollzeiterwerbstätigen gab es ein Plus von 1,6 Prozent bzw. 47.700 Personen. Von Teilzeitarbeit spricht man, wenn die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt weniger als die gesetzliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden oder die im Kollektivvertrag vereinbarte Normalarbeitszeit beträgt.

Erleichterung bei Wechsel auf Vollzeit gefordert

Die "Kehrseite der Medaille" sei allerdings, dass auch die Anzahl der offenen Stellen deutlich gestiegen sei, nämlich laut Statistik Austria im Jahresdurchschnitt 2022 auf 206.500 – ein neuer Höchststand seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2009. "Das sind knapp 73.000 mehr offene Stellen, als beim AMS gemeldet sind", so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Traditionell würden hoch qualifizierte Jobs, aber auch offene Stellen der öffentlichen Hand weniger häufig beim AMS gemeldet.

Die Zahl der offenen Stellen steigt in sämtlichen Wirtschaftsbereichen an, sagt Thomas. Betroffenen sind sämtliche Berufsgruppen, auch Büroarbeitskräfte und Hilfsarbeitskräfte. Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf geht davon aus, dass die Anzahl der offenen Stellen noch länger hoch bleiben wird. "Wir dürfen den Arbeitskräftemangel nicht als unabwendbar hinnehmen, denn die Folgen wären für die Zukunft unserer Wohlstandsentwicklung und die Finanzierbarkeit unseres Sozialsystems fatal", sagt Kopf. Deshalb müsse man gegensteuern, etwa teilzeitbeschäftigten Frauen ermöglichen, länger zu arbeiten. Aber auch Überstunden müssten steuerlich attraktiver werden.

"Leitthema der kommenden Jahre"

"Der Arbeits- und Fachkräftemangel gehört zu den zentralen Herausforderungen und wird ein Leitthema der kommenden Jahre sein", sagt der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer. Die Industrie schlägt deshalb steuerliche Erleichterungen für den Wechsel von Teilzeit in Vollzeit vor: "Zielführend wäre ein Freibetrag, beispielsweise in der Höhe von 5000 Euro, der bei einem Wechsel von Teilzeit- auf Vollzeitarbeit einen Anteil des Einkommens von der Einkommenssteuer befreit." Außerdem sollte es einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr geben.