Gemeinsam mit dem früheren Verbund-Vorstandschef Wolfgang Anzengruber und dem Geschäftsführer der IG-Windkraft, Stefan Moidl, hat Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) für Montag zu einem Pressetermin geladen. Der Titel: "Maßnahmen für eine schnellere Energiewende". Was es damit auf sich hat, deutete die Ministerin am Sonntag in der ORF Pressestunde an. Seit Langem wird in der Energiebranche kritisiert, dass mit dem Erneuerbaren-Ausbaugesetz (EAG) zwar ehrgeizige Ziele bis 2030 formuliert wurden, der tatsächliche Ausbau aber vor allem auch aufgrund sehr langer Genehmigungsverfahren sehr zäh verläuft. Gewessler kündigte nun ein Paket an, das die Kompetenzen der Länder im Bewilligungsverfahren einschränken wird und so für eine Beschleunigung sorgen soll. Konkret geht es um jene Bundesländer, in denen keine eigene Energieraumplanung vorhanden ist. Dort soll es künftig möglich sein, rascher, das heißt ohne vorhergehende Widmung, direkt in ein Verfahren zur Genehmigung - also in die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) - einzusteigen. Man wolle also direkt in die UVP-Verfahren für neue Windparks einsteigen, das spare "Jahre an langwierigen Widmungsverfahren". Gewessler spricht von einer "Überholspur für Erneuerbare". Eine Maßnahme, die vor allem auf die westlichen Bundesländer abzielt, in Salzburg, Tirol und Vorarlberg steht keine einzige Windkraftanlage. Sie habe kein Verständnis dafür, dass für Skigebiete Berggipfel weggesprengt werden, aber kein Windrad gebaut werden könne. Die Details zu den Maßnahmen will sie am Montagvormittag präsentieren.

FPÖ Kärnten gegen "Zwangs-Aufstellung"

Kritik kommt von der FPÖ Kärnten. Der Nationalratsabgeordnete Erwin Angerer und der FPÖ-Umweltsprecher im Kärntner Landtag, Christoph Staudacher, halten in einer Aussendung fest: „Die Kärntner FPÖ wird die geplanten Zwangs-Aufstellungen von Windrädern in Kärnten durch den Bund nicht hinnehmen. Wir werden diesen Anschlag des Bundes auf unser schönes Kärnten und den Tourismus mit allen Mitteln bekämpfen und uns wehren.“

Ab 2023 keine Gasheizungen mehr im Neubau

Noch in Arbeit, aber nach Angaben Gewesslers in den finalen Zügen, ist das sogenannte Erneuerbaren-Wärmegesetz. Dieses sieht ein Einbauverbot von Gasheizungen ab dem 1.1.2023 im Neubau vor, der komplette Ausstieg aus Ölheizungen soll 2035, jener aus Gasheizungen 2040 erfolgen. Ab 2023 soll es auch nicht mehr möglich sein, eine Ölheizung, die kaputtgeht, durch eine neue Ölheizung zu ersetzen. "Wir fördern den Umstieg mit Rekordbudgets", so Gewessler. Bei den untersten Einkommen sei auch ein Ersatz von 100 Prozent der Kosten möglich, sie verweist zudem "auf lange Vorlaufzeiten und verlässliche Rahmenbedingungen". Insgesamt sieht sie darin einen wichtigen Baustein, um unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden, wir sehen ja jetzt gerade, was diese Abhängigkeit von russischem Gas für uns bedeutet."

Zum Klimaschutzgesetz, das seit 527 Tagen überfällig ist, betonte die Ministerin die Komplexität der Materie. Es werde mit "Hochdruck" daran gearbeitet, Fertigstellungsdatum nannte Gewessler keines.

Gewessler verteidigt Verschiebung von CO₂-Bepreisung

Wenig auskunftsfreudig zeigt sich Gewessler rund um das geplante dritte Anti-Teuerungspaket der Bundesregierung, über das auch am heutigen Sonntag weiterverhandelt wird. Es soll noch vor dem Sommer beschlossen werden. Ein Teil sei aber jedenfalls, dass der Klimabonus, der ab Oktober eingeführt wird, für alle 250 Euro betragen wird. Damit geht auch die Verschiebung der CO₂-Bepreisung von Juli auf Oktober einher, wobei Gewessler lieber von "Harmonisierung mit der Klimabonus-Einführung" als von einer Verschiebung verspricht. Gerade von Umweltschutz-Verbänden hatte es in den vergangenen Tagen ja teils harsche Kritik an dieser Verschiebung gegeben. Es sei "legitim" in einem "Ausnahmejahr mit Preisschocks" diese mit der Auszahlung des Klimabonus zu harmonisieren. Dessen Erhöhung für alle argumentierte Gewessler damit, dass dies eine Antiteuerungsmaßnahme sei, die "huckepack" auf den Klimabonus gesetzt werde, quasi eine "Basismaßnahme gegen die Teuerung".

Auf die Frage, ob sie ausschließen könne, dass es angesichts der anhaltenden Teuerung zu einer weiteren Verschiebung der CO₂-Bepreisung über den Herbst hinaus kommen könnte, antwortete die Klimaministerin nur: "Der CO₂-Preis kommt, er ist ein wichtiges Instrument." Das System stehe, derzeit gehe es um die Harmonisierung des Zeitpunkts. Näheres wollte sie mit dem Verweis auf die derzeit laufenden Verhandlungen nicht verraten.

"Ich kann den Verhandlungen nicht vorgreifen"

Wie hoch das gesamte Anti-Teuerungspaket vom Volumen her ausfallen wird, wollte Gewessler aber ebenso wenig beantworten, wie die Frage, wann es endgültig präsentiert werden soll, "es gibt intensive Verhandlungen, die auch am heutigen Sonntag laufen, die so schnell wie möglich abgeschlossen werden". Auch die von ihrem Parteikollegen, Sozialminister Johannes Rauch in Aussicht gestellte Erhöhung des Energiebonus wollte sie nicht näher konkretisieren, "ich kann den Verhandlungen nicht vorgreifen, es wird unter Hochdruck daran gearbeitet".

Gewessler bleibt bei Gas-Notfallplan vage

Beim vom der Wirtschaft massiv eingeforderten Notfallplan, sollte das russische Gas ausbleiben, verwies sie auf das Prozedere: Als erstes würde anhand von fünf Kriterien evaluiert, welche Situation vorliegt. Dann werde entschieden, welche Reaktion es braucht - und falls eine Energielenkung notwendig werde, werde entschieden, wie stark man eingreifen müsse. Dafür gebe es wiederum fünf Kriterien, aber grundsätzlich gelte: "Brot vor Stahl." Es sei auch "logisch" dass man bei den Großverbrauchern in der Industrie eingreife.

Dass ein rascher Ausstieg aus der Abhängigkeit von russischem Gas eine "politische Lüge" wäre, wie das kürzlich WKÖ-Chef Harald Mahrer gemeint hat, verneinte die Ministerin: "Selbstverständlich nicht." Aber man sehe ja gerade, was die Abhängigkeit von einem "Despoten im Kreml" bedeute. "Die Alternative zum Ausstieg ist weiter zittern", betonte sie. Aber es sei klar, dass Österreich auch 2030 noch Erdgas brauchen werde.

Verbrennerverbot

Beim von der EU geplanten Verbrennerverbot für Pkw-Neuzulassungen ab 2035 sieht Gewessler wenig Sinn darin, auf rechtsverbindlicher Ebene in Österreich schneller voranzuschreiten. Schließlich würden die Auto-Zulassungen auf EU-Ebene erfolgen. Die stark steigenden Zulassungszahlen von Elektroautos würden es aber ohnehin ermöglich, früher aus dem Verbrennungsmotor auszusteigen. Bei aufrechter Zulassung dürften jedenfalls Diesel- und Benzinautos auch noch nach 2035 weiter fahren.

Zu den überfüllten Zügen bei den ÖBB meinte Gewessler in der "ORF-Pressestunde", dass es keine Reservierungspflicht brauche. Die Bundesbahnen hätten bereits "umfassend reagiert" und zu Stoßzeiten "Verstärkerzüge" eingesetzt. Zu Stoßzeiten "fährt alles, was fahren kann", erklärte die Verkehrs-, Klima- und Energieministerin.

ÖVP-Finanzen: Gewessler fordert rasche Aufklärung

Nach der Veröffentlichung der ÖVP-Bilanz für das Wahljahr 2019 und der vom Rechnungshof geäußerten Bedenken fordert Gewessler Aufklärung vom Koalitionspartner. "Alle offenen Fragen müssen rasch und restlos aufgeklärt werden". Sie habe derzeit aber "keinen Grund zu glauben", dass die Koalition nicht die gesamte Legislaturperiode bis 2024 halte.

Jedenfalls sei das aktuell herrschende Bild nicht geeignet, das Vertrauen in die Politik in diesen schwierigen Zeiten zu stärken. Mitten in einer Vielzahl an Krisen würden sich die Menschen erwarten, dass die Regierung Lösungen bringt. Dafür brauche es eine "stabile Arbeit", so Gewessler: "Und wir liefern diese Arbeit auch in der Koalition." Die Regierungszusammenarbeit gehe so lange, "wie zwei Parteien gut zusammenarbeiten und Lösungen bringen können".

Gerade an der derzeitigen Situation sehe man, "wie wichtig die Arbeit eines unabhängigen Rechnungshofes ist". Daher müsse auch das Parteientransparenzgesetz rasch auf den Weg gebracht werden. Denn dann hätte der Rechnungshof das Recht, selbst zu prüfen und müsste nicht erst einen Wirtschaftsprüfer bestellen. Ein abschließendes Bild zur Causa habe sie sich noch nicht gebildet, denn auch der Rechnungshof habe dies noch nicht gemacht.

"Es reicht nicht, die ÖVP als Blockierer vorzuschieben"

Die NEOS sagten nach der "Pressestunde" in Richtung Gewessler: Die Klimakrise kennt keine Pause, die Klimaschutzministerin offenbar schon. "Es reicht nicht, die ÖVP als Blockierer vorzuschieben. Es sind auch die Grünen, denen schlichtweg der Mut zur Erneuerung fehlt, um beim Klimaschutz Meter zu machen.", so Klimasprecher Michael Bernhard. Es brauche klare klimapolitische Zielsetzungen und Reduktionspfade, "und die gehören besser gestern als morgen auf den Tisch".

Caritas forder "dringend einen Rettungsschirm"

Caritas-Präsident Michael Landau forderte am Sonntag von der Bundesregierung "dringend" einen Rettungsschirm, der vor Armut schützt. "Wir müssen Sozial- und Familienleistungen jetzt armutsfest ausgestalten, sonst drohen breite Bevölkerungsschichten in Armut abzurutschen", erklärte der Caritas-Präsident.