Die Industrie ist mit zwei Drittel des Volumens der größte Erdgas-Verbraucher in Kärnten. Vor allem im Bereich Prozesswärme kann das Erdgas derzeit nicht durch andere Energieformen ersetzt werden. Entsprechend verheerend wären die Folgen eines Gas-Embargos, wie Timo Springer, Präsident der Industriellenvereinigung Kärnten, warnt. "Die größten Abnehmer sind vor allem in den Bereichen der grundstoffnahen Industrie wie Zement, Papier, Eisen, Stahlerzeugung und Bergbau. Also jene industriellen Leitbetriebe, die in der Lieferkette ganz vorne stehen", sagt Springer. Entsprechend weitreichend seien die Folgen. Hinter der Forderung nach einem Gas-Embargo würden oft handfeste, wirtschaftliche Interessen von Ländern stecken, die nicht von russischem Gas abhängig sind und vom Embargo profitieren würden. Doch weder Österreich noch Kärnten könnten sich einen Gas-Stopp leisten. Es wäre eine "Konjunktur-Killer".

Das untermauert auch eine Studie vom Institut Econmove, das die Konsequenzen für die Kärntner Wirtschaft durchgerechnet hat. Im sogenannten Hochtemperatur-Bereich, also dort, wo eine Prozesswärme von über 200 Grad Celsius benötigt wird, wie etwa in der Eisen- und Stahlindustrie gäbe es keine Substitutionsmöglichkeit von Gas. 212 Betriebe wären unmittelbar betroffen. "In diesem Szenario würde eine Woche ohne Gas 11.167 Arbeitsplätze gefährden, die unmittelbar betroffenen Betriebe 21,2 Millionen Wertschöpfung und weitere 7,9 Millionen Euro Wertschöpfung in der vorgelagerten Wertschöpfungskette", sagt Anna Kleissner von Econmove. Auf Kärnten würde sich das wirtschaftlich gleich auswirken, als gäbe es eine Woche lang keinen Tourismus. In der zweiten Berechnung der Expertin wurde die Einschränkung auf den Hochtemperatur-Bereich aufgehoben. In diesem Fall wären 520 Unternehmen betroffen und rund 15.700 Arbeitsplätze gefährdet. Im Extremfall würde eine Woche ohne Gas über 37 Millionen Euro Wertschöpfung kosten. Das entspricht  7,1 Prozent der Kärntner Wirtschaft.

Trügerisches, positives Konjunktur-Bild

Claudia Mischensky, Timo Springer und Anna Kleissner
Claudia Mischensky, Timo Springer und Anna Kleissner © IV/Gilbert Waldner

Doch obwohl die Industrie  aktuell viele Herausforderungen wie Preissteigerungen und brüchige Lieferketten zu stemmen hat, gibt es durch die aktuelle Konjunkturumfrage auch guten Nachrichten."Die Auftragsbücher sind gut gefüllt", sagt IV-Kärnten-Geschäftsführerin Claudia Mischensky.  Rund 80 Prozent der Unternehmen bezeichnen die Auftragslage derzeit als gut, nur elf Prozent als schlecht. Allerdings sei das ein "trügerisches Bild". Denn der Blick in die Zukunft sei extrem vorsichtig, wie Mischensky betont. Bei der Beurteilung der Geschäftslage für die nächsten sechs Monate geben nur noch acht Prozent der Betriebe"gut" an. "Die Kostensteigerungen knabbern an der Ertragslage", sagt die IV-Geschäftsführerin.

Springer betont, dass die Industrie bereit sei, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten und kräftig zu investieren: "Doch man muss uns lassen." Aktuell gebe es einen "Genehmigungsdschungel" und die Verfahren seien zu langwierig. "Allein die Genehmigung von Windrädern dauert aktuell acht Jahre und sobald diese vorliegt, ist die Technologie veraltet", sagt Springer. Um ihren Bedarf zu decken, bräuchte die Industrie 200 große Windräder und PV-Anlagen auf freien Flächen, doch die Politik habe bisher noch nicht die Rahmenbedingungen dafür  geschaffen.